Bisher wurde angenommen, dass die im Spätsommer und Herbst durch Brandenburg ziehenden Sommergoldhähnchen überwiegend zur heimische oder zumindest mitteleuropäischen Brutpopulation gehören. Diese hat ihr Areal inzwischen weit nach Nordosten erweitert, wie folgender Ringfund belegt. P. Schubert kontrollierte am 24.11.2007 in
Freienthal/ Landkreis Potsdam Mittelmark ein männliches Sommergoldhähnchen, dass am 16.10.2007 in Ventes Ragas( Litauen ) als diesjährig in der dortigen Zugvogelfangstation beringt worden war. Die Distanz zum Fundort beträgt 656 km. Der Fund wirft die Frage auf, ob so spät im Jahr durchziehende Vögel bereits dem Überwinterungsbestand zuzuordnen sind oder nach dem deutlich früheren Abzug der heimischen Individuen sich ein zweiter Zuggipfel herausbildet, der von Vögeln aus dem Baltikum oder aus Osteuropa gebildet wird.
Wintergoldhähnchen Regulus regulus Helsinki R 224400
Die Herkunft der herbstlichen Durchzügler des Wintergoldhähnchens in Deutschland aus Fennoskandien und dem Baltikum ist durch Ringfunde gut dokumentiert( BAIRLEIN et al. 2014). Dennoch beeindruckt es immer wieder, welche Zugleistungen der kleinste Vertreter unserer Vogelwelt vollbringt. Das von H. Kasper am 30.10.2017 am Rietzer See wiedergefangene Wintergoldhähnchen wurde am 30.09.2017 als altes Männchen 998 km nordöstlich des Fundortes im Süden Finnlands markiert.
Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus Hiddensee VH 47598
Heimische Gartenrotschwänze können bereits Ende April mit der Brut beginnen( ABBO 2001). Dass nicht jeder Ende April anwesende Gartenrotschwanz bereits ein Brutvogel ist, der bei seiner Sichtung sofort einen Brutzeitcode( ornitho.de) erhalten muss, zeigt dieser Vogel eindrucksvoll. Das von H. Kasper am 28.04.2020 am Rietzer See gekennzeichnete Weibchen wurde am 26.05.2020 1.168 km nordöstlich des Beringungsortes in Est land wiedergefangen, wo sich offenbar seine Brutheimat befand.
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Gartenrotschwänze aus der heimischen Brutpopulation zeigen überwiegend dieselbe südwestwärts gerichtete Zugrichtung wie Vögel aus dem Baltikum. Ein von T. Dürr in Brieselang / Landkreis Havelland beim Nestbau am 24.05.2014 abgelesenes Weibchen wurde am 18.08.2009 1.260 WSW auf dem Herbstzug als Jungvogel beringt. Der Vogel wurde in den Jahren zuvor jedoch nicht an diesem Brutplatz beobachtet und hatte offenbar sein Revier gewechselt.
Schwarzkehlchen Saxicola rubicola Hiddensee VE 28802
Schwarzkehlchen zählen zu den Arten mit äußerst geringer Geburtsortstreue. TODTE( 2010) ermittelte eine Ansiedlungsrate am Geburtsort von lediglich 0,2% und wies Ansiedlungsentfernungen zwischen 38 und 360 km nach. Weit darüber hinaus geht der folgende Fund: Ein von G. Sohns am 08.06.2010 an einer Kiesgrube östlich von Damsdorf / Landkreis Potsdam Mittelmark beringter Nestling wurde am 29.05.2011 als Weibchen von einem Beringer 795 km NNW in Store Faerde, bei Tjoeme( Vestfold / Norwe gen ) wiedergefangen. Das ist mit Abstand die weiteste nach Norden reichende Ansiedlungsentfernung eines deutschen Schwarzkehlchens und auch der erste Fernfund, der über die Ostsee führte.
Danksagung
Wir danken allen an den Ringfunden Beteiligten, insbesondere H. Kasper, H. Michaelis, T. Nowatzki, T. Schneider, P. Schubert, G. Sohns, H. Trapp und I. Wandrey für die Übermittlung der Daten zu den Ringvögeln.
Literatur
ABBO( 2001): Die Vogelwelt von Brandenburg und Berlin . Rangsdorf .
BAIRLEIN, F., J. DIERSCHKE, V. DIERSCHKE, V. SALEWSKI, O. GEITer, K. Hüppop, U. KÖPPEN& W. FIEDLER( 2014): Atlas des Vogelzugs- Ringfunde deutscher Brut- und Gastvögel. Wiebelsheim.
RACINSKIS& MARDEGA( 2019): Zalas varnas Pieriga 2019. gada. Putni daba 86: 36-40.
TODTE, I.( 2010): Beringungsarbeit an Blaukehlchen Lus cinia svecica und Schwarzkehlchen Saxicola rubicola in Ostdeutschland - aktuelle Zahlen und Ergebnisse. Ber. Vogelwarte Hiddensee 20: 35-54.