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Sonderheft 5, Theodor Fontane: Unveröffentlichte und unbekannte Gedichte Toaste und Verse 1838 bis 1896
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Zum Jubiläum des Geheimrats Staberoh 1853 *

Du hast, wie wenige, ein Menschenleben An Deine Kunst gesetzt und Wissenschaft;

Mit jenem Pfund, das Dir der Herr gegeben,

Hast Du, dem guten Knechte gleich, geschafft.

Der Himmel selber segnete Dein Streben Und ließ Dir ungebrochen Deine Kraft,

Uns aber ziemts, Dir, als ein Dankeszeichen,

Zum goldnen Fest den goldnen Kranz zu reichen.

Nimm hin den Kranz; doch was an schönem Kränzen Die Herzen, die Dich liebten, hier durchglüht,

Das wird erst Dein, wenn nach der Erde Lenzen Der ewge Lenz des Jenseits Dich umblüht.

Mag Wissenschaft den Becher uns kredenzen;

Der beste Wein bleibt doch ein treu Gemüt Und unsres Herzens reichste Liebesblüte Wird einst zum Kranze Deiner Herzensgüte.

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Frei und Freier. Ein Hochzeitsgedicht 1853/54

Es hat jetzt Klang an allen Orten

Ein kleines Wort das Wörtchenfrei,

Und auch wir Fraun, in Tat und Worten,

Sind wies den Frauen ziemt dabei;

Wir schwören wie die besten Kenner,

Die je geschwatzt bei Bier und Wein:

Ja, freier (Freier) müssen alle Männer,

Die Männer müssen freier sein!

Ihr horchet auf und glaubt ich schwatze Von staatsgefährlichem Komplott,

Ich aber bring in meinem Satze Nur wenig Ernst bei vielem Spott;

Die Welt, in ihrem Freiheitsstreben,

Schenk Gott ihr Segen und Gedeihn,

Wir wollen auch mit Freiern leben,

Doch unsre Freier müssens sein.

* Das Fontanearchiv besitzt eine Lithographie des Geheimrats Heinrich Staberoh von C. Fischer etwa aus dem Jahr 1830

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