Heft 
(2023) 30
Seite
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Möckel: Zehn Jahre Wiederansiedlung des Auerhuhns im Forst Hohenbucko

entfielen auf Waschbär Procyon lotor, gefolgt von Wildschwein Sus scrofa und Rotfuchs Vulpes vulpes . Der Dachs Meles meles ist schon deutlich seltener. Diese Reihenfolge sagt allerdings nichts über die Bedeutung der jeweiligen Art als Prädator bezüglich des Auerhuhns und seiner Bruten aus. Dazu fehlen im Untersuchungsgebiet entsprechen­de Studien. Hinweise liefert lediglich ein Vergleich der früheren Häufigkeit zur aktuellen Situation.

Das Wildschwein( Schwarzwild) hatte als Jagdbeute in Kursachsen eine große Bedeu­tung. Für die Rochauer Heide ist eine Jagd am 16.12.1630 überliefert, bei welcher von Johann Georg I. und seinem Gefolge 151 Wildschweine erlegt wurden, außerdem zehn Rothirsche Cer­ vus elaphus , zehn Rehe Capreolus capreolus , 15 Feldhasen Lepus europaeus und drei Füchse. Vergleichbare Hofjagden erfolgten in dieser Epo­che auch in der Liebenwerdaer Heide. Hier um­fassten die Tagesstrecken 45 Wildschweine am 03.11.1614, 34 am 04.11.1619, 97 am 08.11.1623, 88 am 03.12.1628, 276 am 22.12.1630 sowie 324 (!) am 12.11.1650. Derartige Jagden sind zudem für die kursächsischen Wälder Grün- und Weiß­haus belegt. Überall fiel die Anzahl erlegter Wild­schweine von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich aus, was wohl mit der Fruktifikation der Trau­beneiche zusammenhing( HANSPACH 2023). Bei starker Eicheltracht( Vollmast) dürften sich in den Traubeneichen- Kiefern- Mischwäldern mehr Wildschweine eingefunden haben als in Jahren mit einem geringeren Angebot an Eicheln( Halb­mast). Gab es keine nennenswerte Fruktifikation der Traubeneiche( Fehlmast), blieben sie offen­bar weitgehend aus. Generell belegen die überlie­ferten Daten für das 17. Jahrhundert eine große Häufigkeit des Schwarzwildes in den kursächsi­schen Wäldern.

Die Bürgerliche Revolution beendete im Jahr 1848 das herrschaftliche Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden. Es ging auf die Grundeigen­tümer über. Zeitgleich setzten sich Zündnadelge­wehre( Büchsen, Flinten) durch( ZEITLER 2012). Schonzeiten gab es keine. Es wurde maẞlos ge­schossen und gefangen. In wenigen Jahren waren in weiten Teilen Deutschlands Rot- und Schwarz­wild, gebietsweise selbst Rehe, ausgerottet( HER­ZOG 2019). Minimale Bestände des Wildschweins hielten sich nur in den großen Staatswäldern. So

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fehlte Schwarzwild in der Jagdstrecke des damali­gen Kreises Calau im Jagdjahr 1885/86. In der für die Jahre 1885 bis 1909 vorliegenden Zusammen­stellung der Standesherrschaft Drehna am Ostrand der Babbener Heide erscheint es erstmals im Jahr 1892. Ab diesem Zeitpunkt wurden bis auf das Jahr 1900 jährlich ein bis 13 Individuen erlegt. Dies zeigt, dass Schwarzwild in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr selten war. Danach nahm es langsam zu. In den 1930er Jahren variierte im damaligen Kreis Luckau die Zahl erlegter Wild­schweine zwischen 35( 1934) und 75( 1937), im Mittel vier pro 100 km².

Nach dem Zweiten Weltkrieg stiegen infolge ei­nes mehrjährigen Jagdverbots die Bestände schnell an. Später begünstigte der jagdliche Rahmen in der DDR das anpassungsfähige Schwarzwild. Bezogen auf Brandenburg gab es im Vergleich zur aktuellen Situation 14% weniger Jäger und deren Ausrüs­tung war schlecht. Privater Waffenbesitz war stark eingeschränkt und in den Jagdgesellschaften stan­den den knapp 30.000 Jägern der DDR nur 20.000 staatliche Gewehre zur Verfügung( CALLENIUS 2000), überwiegend Doppelflinten. Die wirksame Schussentfernung endete bei 40 m. Heutige Kugel­waffen erlauben dagegen Schüsse bis über 100 m. Dazu kam eine mangelhafte Zieloptik. Zahlreichen staatseigenen Gewehren fehlte bis 1990 das Ziel­fernrohr.

Ab dem Jahr 1990 stieg infolge der veränderten jagdlichen Bedingungen die Schwarzwildstrecke schnell an. Nun wurde das Wildschwein auf ganzer Fläche mit den viel effektiveren Kugelwaffen bejagt. In der Niederlausitz ist es neben Rot- und Rehwild die wichtigste Beute der Jäger. So wurden im Jagdjahr 1995/96 im Landkreis Elbe- Elster 2.120 Wildschwei­ne erlegt( MELF Brandenburg 1997). Im Jagdjahr 2002/03 waren es schon 4.766( MLUR Brandenburg 2004). Das Maximum wurde mit 4.898 Wildschwei­nen 2019/20 erzielt( Abb. 18, MLUK Brandenburg 2021). Das sind 258 pro 100km². Der Vergleich mit den Abschüssen in den 1930er Jahren verdeutlicht die gewaltige Zunahme des Schwarzwildes( auf 6.450%) in den letzten 100 Jahren. Die Ursache dafür liegt trotz intensiver Bejagung im Nahrungsüberfluss in der Feldflur( verstärkter Raps- und Maisanbau). Außerdem bleiben Verluste im Winter infolge der Klimaerwärmung weitgehend aus, zumal eine hohe Dichte jagdlicher Kirrungen( Lockfütterungen, über­