Heft 
(2023) 30
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Otis 30( 2023): 156-158

Aufruf zur Mithilfe

Vogeltod durch Kollisionen mit Glas- BUND bittet um Mithilfe am Flughafen BER

Laut Schätzungen der Deutschen Vogelschutz­warten sterben jährlich über 5% der in Deutsch­ land vorkommenden Vögel durch Kollisionen mit Fenstern und Glasfassaden. Das Problem ist nicht neu und seine dramatischen Ausmaße auch seit Jahrzehnten bekannt. Schon 1962 machte der renommierte Ornithologe und ehemalige Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte Radolfzell Hans Löhrl ( 1962) in seinem Artikel Vogelvernichtung durch moderne Glaswände" auf die alarmierenden Opferzahlen durch den zunehmenden Trend der Glasarchitektur aufmerksam. Schon damals for­dert er Naturfreunde auf, dieses Problem publik zu machen, doch bis heute stößt das Thema sowohl bei Ornithologen als auch bei Architekten nach wie vor auf geringes Interesse. 800 Millionen Qua­dratmeter Glas für Fenster und Fassaden werden jährlich weltweit von der Flachglasindustrie pro­duziert mit fatalen Folgen für die Vogelwelt.

Der Anprall an Glas ist weltweit eine der häu­figsten anthropogenen Todesursachen bei Vögeln und ein beträchtliches Artenschutzproblem. Laut Schätzungen der Bundesregierung kommen al­lein in Deutschland jedes Jahr 18 Millionen Vögel durch Glaskollisionen ums Leben. Die Länderar­beitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten geht von einer noch mehrfach höheren Zahl aus. Vögel erkennen transparentes Glas nicht als Hindernis und können Spiegelungen der Umgebung nicht als solche erkennen. Zudem werden sie bei Dun­kelheit von illuminierten Gebäuden angelockt und kollidieren dann mit deren Fassaden.

So geschieht es zum Beispiel seit über 10 Jah­ren am Flughafen Berlin Brandenburg. Allein am Hauptgebäude des Terminals 1 des BER wurden mehr als 20.000 Quadratmeter Glas verbaut, die Glasflächen der fast 1,5 Kilometer langen Abflug­piere nicht eingerechnet. Das Problem ist der Flug­hafengesellschaft Berlin Brandenburg GmbH seit

2012 bekannt, als bei einem Massenanflug zahlrei­che Rotkehlchen und Singdrosseln am neu errich­teten Terminalgebäude zu Tode kamen. Fotos, die der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH und der Unteren Naturschutzbehörde Dahme- Spreewald vorliegen, belegen jedoch, dass dies kein Einzelfall war und es an den Gebäuden zur Vogelzugzeit im­mer wieder zu solchen Massenkollisionen kommt. Trotzdem wurden weder in der 14 Jahre währen­den Bauzeit des BER noch bis heute Maßnahmen ergriffen, hier Abhilfe zu schaffen.

Seit der Eröffnung des Flughafens BER errei­chen den BUND Berlin fortlaufend Berichte und Fotos von toten und verletzten Vögeln, die an Glasflächen der Gebäude kollidiert und zu Tode gekommen sind. Um die Zustände vor Ort zu doku­mentieren, begehe ich seit dieser Zeit immer wie­der die öffentlich zugänglichen Bereiche und finde hier regelmäßig tote Tiere. Zahllose Anprallspuren an den Glasflächen zeugen von einer dramatischen Anzahl der Kollisionsopfer. Viele der verletzten Tiere verenden außerdem qualvoll in den Licht­schächten zwischen den Terminalgebäuden. Sie kollidieren an den Seitenflächen des Hauptge­bäudes und fallen dann hinunter in die vierseitig verglasten Bereiche, aus denen sie nicht mehr ent­kommen können. Das inzwischen dokumentierte Artenspektrum reicht von Eisvogel, Turmfalke, Waldschnepfe, Haubenlerche, Singdrossel, Mehl­schwalbe, Rotkehlchen, Dohle und und weitere Ar­ten bis hin zum Waldkauz. Erst jüngst wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Flughafens wieder ein Anflug von einer Gruppe aus 25 Kohl-, Blau- und Tannenmeisen gemeldet.

Obwohl inzwischen zahlenmäßig längst genug Nachweise vorhanden sind, mit denen die Natur­schutzbehörde eine Nachrüstung mit umfassen­den Schutzmaßnahmen anordnen könnte, ist man hier bis heute nicht angemessen tätig geworden.