Motsch, H. J. et al.: Logopädie— Sprachbehindertenpädagogik 1984-85. Kommentierte Bibliographie. Freiburg(Heilpädagogisches Institut der Universität, P. Kanisius-Gasse 21, CH-1700 Freiburg) 1986, 251 S. Einzel 29.—/Abon. 21.— FR
Die seit 1970 erscheinende Fachbibliographie ist nunmehr in fünfter Folge herausgekommen. Sie umfaßt wieder einen Berichtszeitraum von zwei Jahren (1984 bis 1985). Daß es sich bei dieser Publikationsreihe um eine verdienstvolle, weil für alle in Forschung, Lehre und Praxis der Sprachrehabilitation tätigen Fachleute ausgesprochen brauchbare Informationshilfe handelt, ist in früheren Rezensionen bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht worden. Nichtsdestoweniger sei die Nützlichkeit dieser Reihe hier noch einmal nachdrücklich bestätigt.
Auch für die vorliegende Ausgabe wurden wiederum 39 deutsch-, englisch- und französischsprachige Fachzeitschriften herangezogen, deren gesamtes Themenspektrum von der Heil- und Sonderpädagogik(einschließlich Sprachbehindertenpädagogik und Hörgeschädigtenpädagogik) über die Sprachpathologie und Psychologie bis zur Medizin reicht. Die unter Punkt 6 aufgelisteten Abkürzungen der Zeitschriften sollten aus praktischen Erwägungen wohl besser im Anschluß oder zusammen mit der Aufzählung der ausgewerteten Zeitschriften (Punkt 1) aufgeführt werden.
Als Orientierungshilfe dienen 78„Themenbereiche”, die zu 58„Sachwörtern” zusammengefaßt werden. Sie stellen die eigentliche Ausgangsbasis für die Suche nach themenspezifischen Publikationen dar. Aus den verschiedensten Gründen (theoretischen, pragmatischen) wird man immer zu gegenteiligen Meinungen kommen, wenn es um Kategorisierungen und Klassifizierungen geht. Da
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Buchbesprechungen
her ist eine grundsätzliche kritische Auseinandersetzung mit der in diesem Buch vorgenommenen Gliederung der Sachbereiche kaum angezeigt. Dennoch scheint es, um nur einige Beispiele herauszugreifen, verwunderlich, daß unter
Punkt 2„Themenbereiche” und Punkt 3
„Sachwörter”
—„Apraxie” und„Dyspraxie” der „Agnosie” und nicht dem Stichwort „Anarthrie/Dysarthrie” zugeordnet sind;
—„Dyrslalie” fehlt;
—„Dysglossie” fehlt;
—„Schriftsprache” und„Schriftspracherwerb” fehlen;
—„Sprachdidaktik” fehlt;
—„Pragmatik” der„Linguistik” zugeordnet ist und als„Pragmalinguistik” ein eigenes Stichwort darstellt;
— neben„Psycholinguistik” und Soziolinguistik” nicht auch„Neurolinguistik” genannt ist usw.
Man fragt sich auch, ob es nicht besser
wäre,„Lippen-Kiefer-Gaumenspalte”
(da ja ein Sonderfall) aufzugeben und
dafür eher„Spaltbildungen” als Oberbe
griff zu wählen. Und kann man„Linkshändigkeit” nicht einem Hyperonym
„Lateralität” zuordnen?
Auch schiene es mir im Interesse einer
möglichst weitgehenden Erfassung ver
streuter logopädischer Literatur überlegenswert, auch die in zahlreichen Sammelbänden erscheinenden Einzelbeiträge in diese Publikationsreihe aufzunehmen, da ja hier ebenfalls ein großes
Potential theorie- und praxisbezogener
Arbeiten ruht. Damit könnten die Bear
beiter der Bibliographie ihre Intention,
Hilfen bereitzustellen,„welche die ge
zielte Suche nach Neuerscheinungen in
bestimmten Bereichen erleichtern”
(Vorwort), in einem noch stärkeren Ma
ße verwirklichen.
Hans-Joachim Scholz
Wember, Franz B.: Piagets Bedeutung für die Sonderpädagogik. LP DM 30,—. Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung und seine praktischen Versuche haben in vielfältiger Weise Eingang auch in die bundesdeutsche Pädagogik gefunden. Eine ausführliche Aufarbeitung Piagetschen Gedankenguts für den sonderpädagogischen Bereich stand bislang aus, insofern füllt dieses Buch eine Lücke. Hierbei lassen sich drei Schwerpunkte erkennen:
1. Der Autor faßt Sonderpädagogik im Sinne Kanters als Integrations- und empirische Interventionswissenschaft auf. Er konkretisiert auf der Grundlage der Arbeiten Piagets, was Theoriekritik, Methodenkritik und Integration nachbarwissenschaftlicher Befunde in eigenwissenschaftliche sonderpädagogische Theorieentwürfe heißt.
2. Anstatt nur über vermeintliche Entwicklungsrückstände zu diskutieren, werden empirische Daten präsentiert, analysiert und ausgewertet.
3. Weiterhin wird der pädagogische Nutzen der Piagetschen Entwicklungspsychologie nicht nur beschworen, sondern auf seine präskriptiven Möglichkeiten hin erläutert.
ad. 1. In der Auseinandersetzung mit dem Werk Piagets hat der Autor subtile Analysen vorgelegt. Er hat einerseits das Piagetsche Grundmodell mit seinen Schlüsselbegriffen„Stufe” und„Struktur” herausgearbeitet und andererseits anhand der entwicklungspsychologischen Befunde dargelegt, was es unter empirischen Kriterien zur Klärung entwicklungspsychologischer Probleme zu leisten vermag. Gelungen sind die grundsätzlichen_Methodenerörterungen, wobei sich der Autor auf viele Arbeiten amerikanischer Forscher stützen konnte. Hierbei werden die Möglichkeiten und Grenzen des PiagetModells zur Aufklärung der Ent
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIII, Heft 2, 1987