Jürgen Junglas: Training zum Abbau aggressiven Verhaltens bei Patienten einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik
ermittelten DEL-Werte für die einzelnen Kategorien des BAV bei einem jeden Jugendlichen und der statistischen Güte der Werte.
Der Überblick zeigt, daß die Trainingsergebnisse in der Gruppe I durchweg deutlicher waren als in der Gruppe II. Dieser stärkere Effekt dürfte durch die wesentlich stärkere Ausprägung des sozial unerwünschten Verhaltens vor dem Training in der Gruppe I gegenüber der Gruppe II bedingt sein. Das Training zeigt bei ausgeprägtem aggressivem Verhalten deutlichere Effekte als bei geringerer Anfangsausprägung.
Der Trainingseffekt auf die einzelnen Verhaltenskategorien nach dem BAV war uneinheitlich. Der Effekt auf aktivverbales unerwünschtes Verhalten gegenüber Personen oder Sachen war am ausgeprägtesten. Es handelt sich hierbei um die Kategorien 2(Schadenfreudiges Lachen, zynische Bemerkungen gegenüber Personen, Spotten über andere), 3 (Anschreien, anbrüllen und beschimpfen vor Personen) und 9(Beschimpfen, verfluchen von Gegenständen). Beschimpfen und Spotten waren bei fast allen Probanden(mit einer Ausnahme) nach dem Training deutlich geringer ausgeprägt als vorher.
Das aktiv-nonverbale aggressive Verhalten wurde durch das Training effektiv bei fast allen Probanden(eine Ausnahme) reduziert. Es handelt sich um die Kategorien 6(Boxen, treten, schlagen,
Literatur
stoßen, beißen, kratzen, spucken, Haare ziehen, beschmutzen von Personen) und 10(Mutwilliges Beschädigen von Gegenständen: beschmieren, treten, zerreißen, beschmutzen, Türe schmeißen und Sachen durch die Luft werfen). Die Ausnahmen zeigten keine trainingsrelevante Anfangsausprägung des unerwünschten Verhaltens.
Für das Verhalten nach Kategorie 4(passiv-nonverbal: Proband wird geboxt, getreten, gestoßen, gekratzt, haaregerauft, gebissen und bespuckt) und nach Kategorie 5(aktiv-nonverbal hinterhältig: Hinterhältiges Beinstellen, Stuhlwegziehen, stoßen, schadenfreudiges Hilfeverweigern) zeigten sich lediglich in der Gruppe I— und hier auch deutliche— Trainingseffekte. Auch hier zeigte sich, daß die Anfangsausprägung des Verhaltens in der Gruppe I bei allen Jugendlichen deutlich höher lag als in der Gruppe II, so daß eine Modifikation dieser Verhaltensweisen in der Gruppe II nicht trainingsrelevant war.
Weniger eindeutig war der Trainingseffekt in den Verhaltenskategorien 1(passiv verbal: Proband wird beschimpft und angeschrien) und 8(aktiv nonverbal eigene Person: Nägelbeißen, Haareraufen, Kopfanschlagen, selbstschädigende Kopf- und Körperbewegungen). Zwar zeigte sich für das Verhalten nach Kategorie 1 bei allen Probanden ein Trainingseffekt, dieser war jedoch nur bei zwei Probanden aus der Gruppe I
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eindeutig. Der Trainingseffekt konnte sich beim Verhalten nach Kategorie 8 bei zwei Probanden nicht zeigen, weil hier das Anfangsverhalten trainingsirrelevant niedrig ausgeprägt war. Aber auch hier zeigte sich bei zwei Probanden ein deutlicher Trainingseffekt. Aktiv-verbales aggressives Verhalten gegen die eigene Person nach Kategorie 7 (Selbstbeschimpfen, Selbstironie, Fluchen über eigenes Verhalten(z. B. bei einem Fehler)) war bei keinem Probanden trainingsrelevant ausgeprägt, so daß hierfür auch keine Effekte belegt werden können.
Auf den Ausbau des sozial erwünschten Verhaltens nach den Kategorien 11 und 12(Selbstbehaupten, Selbstbewußtsein, selbstständig und freundlich bzw. geduldig, kooperativ, kompromißbereit) hatte das Training bei allen Probanden Efffekte, die in vier Fällen für die Kategorie 1 und in drei Fällen für die Kategorie 12 gesichert werden konnten. Die Förderung selbstsicheren, kompromißbereiten Verhaltens durch das Training kann also deutlich belegt werden.
Die Trainingseffekte bei den einzelnen Probanden waren— entsprechend dem unterschiedlichen Basisverhalten— unterschiedlich ausgeprägt. Ganz allgemein zeigte sich auch hier der Trend, daß besonders ausgeprägtes unerwünschtes Verhalten die deutlichsten Trainingseffekte zeigte.
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HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1986
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