Klaus Sarimski und Peter K. Warndorf: Temperamentsmerkmale retardierter Kleinkinder
kognitiven Entwicklungsstand„besser” abschneiden als Kinder mit sehr niedrigem kognitiven Niveau, z.B. daß sie durchweg als aktiver, freundlicher oder leichter zu beruhigen empfunden werden. Es findet sich wohl ein spezifischer Zusammenhang zwischen zwei Temperamentsmerkmalen und bestimmten kognitiven Fähigkeiten. Diese bilden eine Gruppe, die sich in Korrelations- und Clusteranalysen der Ordinalskalen zur sensomotorischen Entwicklung gut hat differenzieren lassen von der Fähigkeit zur Lautimitation, Gestenimitation und Wahrnehmung kausaler Zusammenhänge(Silverstein et al. 1976, Dunst et al. 1981). Diese Gruppe von Fähigkeiten (Objektpermanenz, Mittel-ZweckWahrnehmung, Wahrnehmung räumlicher Zusammenhänge und Schemata im Spiel) umfaßt die gegenstandbezogenen, nicht-sozialen Aktivitäten des Kindes. Kinder mit einem höheren Entwicklungsniveau in diesem Bereich beo
Literatur
bachten ausdauernder(Orientierungsdauer), zögern aber nach dem Eindruck der Eltern länger mit einer Annäherung an neue Reize. Sie sind gleichsam interessierter, aber auch furchtsamer als Kinder mit niedrigem kognitiven Niveau.
Daneben besteht eine Wechselwirkung zwischen der Wahrnehmung von MittelZweck-Verbindungen, der Häufigkeit des Lächelns und der Leichtigkeit, mit der sich ein Kind beruhigen läßt. Es mag sich dabei um einen Ausdruck des Maßes handeln, in dem ein Kind bereits soziale Verständigungsmöglichkeiten mit einem Partner ausdifferenziert hat. Solche Zusammenhangsmuster sind auch für andere vorsprachliche kommunikative Entwicklungsschritte und einzelne Aspekte der kognitiven Entwicklung bekannt(Sarimski 1987 b).
Für die praktische Arbeit mit behinderten Kindern und ihren Eltern bleibt festzuhalten, daß es beträchtliche Unter
schiede in der Ausprägung von Verhaltensmerkmalen der Emotionalität und Aktivität zwischen einzelnen behinderten Kindern gibt. Die Einschätzungen, die ihre Mütter von ihren Temperamentsmerkmalen geben, sind von Kind zu Kind sehr verschieden und weitgehend unabhängig vom Ausmaß der Entwicklungsverzögerung. Sie unterscheiden sich nicht generell von den Einschätzungen nicht-behinderter Kinder. Eine individuelle Diagnostik dieser Aspekte der sozial-emotionalen Entwicklung behinderter Kinder kann daher die Beurteilung der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten um Informationen ergänzen, die für die Therapieplanung und die Prävention von sekundären Verhaltensproblemen wertvoll sind. Studien, die entwicklungspsychologische und klinische Fragestellungen dieser Art miteinander verknüpfen, könnten für beide Wissensbereiche einen bedeutenden Beitrag leisten.
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HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1988 57