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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Klaus Sarimski und Peter K. Warndorf: Temperamentsmerkmale retardierter Kleinkinder

Tab. 2: Mittelwerte und Standardabweichungen in der eigenen Stichprobe(N= 25), der Untersu­chung an Down-Syndrom-Kindern(N= 9) und an gesunden Kindern(N= 106) von Rothbart&

Hanson(1983). eigene Stichprobe M N Aktivitätsniveau 3.03 1.18

Ärger bei Einschränkungen 3.04 1.18 Furcht vor neuen Reizen 3.11 1.19 Orientierungsdauer 3.18 1.47 Lächeln und Lachen 4.25 1.66 Beruhigbarkeit 4.70 1.34

Down-Syndrom nicht-behinderte

M Ss M s

4.4344... 34 4.11: 84 3.15 ‚65 3.08 ‚68 2.78 59 2.58* 6 3:33 ‚92 3:21 N 3.90.74 4.62 ‚69 4.43 57 4.50 ‚82

Anm.: Prüfung des Mittelwertunterschiedes bei ungleicher Varianz der Grundgesamtheit nach

Welch(vgl. Clauss& Ebner 1975, S. 213).

*= Unterschied signifikant auf dem 5%-Niveau ** Unterschied signifikant auf dem 1%-Niveau

Tab. 3: Korrelationen zwischen den Dimensionen desInfant Behavior Questionnaire und den Ordinalskalen zur sensomotorischen Entwicklung.

OP MZ LI GI KZ RZ So Aktivitätsniveau40-. 12-. 15- 33. 16-. 05. 01 (20)(20)(18)(20)(20)(20)(20) Ärger bei Einschrän--. 03-. 25-. 31-. 33-. 10-. 12-. 15 kungen(20)(20)(18)(20)(20)(20)(20) Furcht vor neuen Reizen.48*48*Js2234. 45. 48* (20)(20)(18)(20)(20)(20)(20) Orientierungsdauer. 44361 38 ‚07. 46 O0 ST (20)(20)(18)(20)(20)(20)(20) Lächeln und Lachen38. 49* Az-. 07 36 ‚41 ‚41 (20)(20)(18)(20)(20)(20)(20) Beruhigbarkeit. 1849*. 46 35 39. 46. 40

(17)(17)

(15)(17)(17)(17(17)

Anm.: OP= Objektpermanenz; MZ= Mittel-Zweck-Wahrnehmung; LI= Lautimitation; GI = Gestenimitation; KZ= Wahrnehmung kausaler Zusammenhänge; RZ= Wahrnehmung

räumlicher Zusammenhänge; SO= Schemata

im Umgang mit Objekten

in Klammern Angabe der Stichprobengröße, für die jeweils beide Daten vorlagen

*= signifikant auf dem 5%-Niveau **= signifikant auf dem 1%-Niveau

und Lachens und die Beruhigbarkeit des Kindes jeweils mit der Entwicklungshö­he in der Wahrnehmung von Mittel­Zweck-Beziehungen(Tabelle 3). Zwi­schen dem Lebensalter und den Tempe­ramentsbeurteilungen finden sich nur drei bedeutsame Korrelationen. Ältere Kinder ärgern sich mehr bei Einschrän­kungen ihrer Bewegungsfreiheit(r= .43), orientieren sich länger(r=.60) und lächeln öfter(r=.45).

Tabelle 3

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Diskussion

Aufgrund der geringen Stichprobengrö­ße scheint es uns angezeigt, die Ergeb­nisse zurückhaltend zu interpretieren. Tendenziell bestätigen sie die Befunde anderer Untersucher, daß behinderte Kinder von ihren Eltern in ihren Tem­peramentseigenarten als nicht gänzlich anders erlebt werden als gesunde Kin­der. Die niedrigere motorische Aktivität, die die von uns befragten Eltern anga­ben, läßt sich daraus erklären, daß die

Stichprobe zahlreiche Kinder mit cere­bralen Bewegungsstörungen umfaßte. Die von ihnen berichtete größere Verzö­gerung bei der Annäherung an neue Rei­ze mag sich ebenfalls daraus erklären. Insgesamt finden sich jedenfalls weniger Diskrepanzen als in der Studie von Hef­fernan et al.(1982), wobei zu bedenken ist, daß die mit demInfant Tempera­ment Questionnaire dort untersuchten Dimensionen trotz der Ähnlichkeit der Bezeichnungen nicht genau den Tempe­ramentsdimensionen des von uns be­nutzten Fragebogens entsprechen. Das verminderte affektive Ausdrucksverhal­ten, das Bridges und Cicchetti(1982) und Rothbart& Hanson(1983) hervor­heben, bestätigte sich hier nicht. Es mag sich dabei um ein spezifisches Merkmal von Kindern mit Down-Syndrom han­deln, das auf den für sie charakteri­stischen schwachen Muskeltonus zu­rückzuführen ist.

Die relativ hohe Zahl der Interkorrela­tionen der Temperamentsdimensionen ist aus den vorliegenden Daten nicht zu erklären. Möglicherweise spiegeln sich in ihnen allgemeine Stimmungsunter­schiede. So korrelieren etwa die Skalen miteinander, in denen sich der Grad ei­ner positiven Grundstimmung der Kin­der zeigt(Lächeln und Beruhigbarkeit), ebenso die Skalen, in denen die Ausprä­gung von Reaktionen des Unbehagens ermittelt wird(Ärger bei Einschränkung, Furcht vor neuen Reizen). Die relativ große Überlappung der Skalen mag aber auch bedeuten, daß sich die Beschrei­bungssätze, die sich bei Kindern im er­sten Lebensjahr zur Beurteilung von Temperamentsdimensionen bewährt haben, weniger gut eignen, um indivi­duelle Eigenarten der Emotionalität und Aktivität älterer behinderter Kinder zu erfassen. Die Frage der Tauglichkeit des Fragebogens für diese spezielle Gruppe von Kindern könnte nur durch weitere direkte Verhaltensbeobachtungen ge­klärt werden.

Aus den Ergebnissen wird immerhin deutlich, daß das Elternurteil nicht we­sentlich von der Schwere der Behinde­rung des Kindes bestimmt wird. Es ist nicht etwa so, daß Kinder mit höherem

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG 1/1988