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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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Sonderschulen für verhaltensgestörte Kinder in der Bundesrepublik Deutschland'

Von Ulrike Petermann

Die vorliegende Arbeit berichtet über Sonderschulen für Verhaltensgestörte bzw. Erziehungshilfe in der Bundes­republik Deutschland. Als Erhebungsinstrument wurde ein Fragebogen eingesetzt, der Informationen zur Struk­tur, zur personellen Ausstattung, zur Schülerbetreuung, zur Elternarbeit und zur architektonischen Gestaltung der Sonderschulen erfaßt. Als Stichprobe konnten 114 Schulen für Verhaltensgestörte aus den alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland gewonnen werden. Die Er­gebnisse zeigen u.a. auf, daß diese Sonderschulen über­wiegend privat finanziert werden, Ausschlußkriterien für die Aufnahme meistens fehlen, Ganztagesschulbetrieb selten eingeführt ist und E- mit L-Schulen bei der Hälfte der Schulen kombiniert sind. Eingesetzt werden vorwie­gend Sonderschullehrer mit Zusatzausbildung fürver­haltensgestörte bzw. für‚lernbehinderte Kinder, wo­bei überwiegend eine weitergehende Unterstützung der Lehrkräfte fehlt. Bei der Schülerbetreuung existiert Haus­aufgabenpflicht und Hausaufgabenregelung; Rituale werden im Schulalltag eingesetzt. Elternarbeit wird mei­stens durchgeführt. Hinsichtlich der architektonischen Gestaltung finden sich meistens weder Rückzugsmög­lichkeiten noch private Bereiche für die Schüler.

The present paper describes the current situation in the Schools for behavioral disordered students in the Federal Republic of Germany. Assessment is based on a question­naire, adressing a variety of structural aspects, student and parent counseling, staff features and building de­sign. The sample consists of 114 schools for behavioral disordered students on the territory of the former West­Germany. Results show a.o. that the schools in question are mainly run on a private basis. Definite criteria for the acceptance, respectively, exclusion of students are lacking, whole day care facilities are rare and the schools for behavioral disordered students are mostly combined with institutions for children with learning disorders. Mainly, specially qualified teachers work with the students, whereas additional qualifying programs are widely miss­ing.The care taking of the students also includes homework supervision; during the lessons attention is paid to special rituals and routines. Parent counseling is almost realized in all institutions. The present building design mostly allows no privacy.

1. Einleitung

Die Sonderschule für Erziehungshilfe war in neuerer Zeit Gegenstand vielfältiger Diskussionen, die sich mit dem Für und Wider des Sonderschul-Konzepts be­schäftigen. Kritisiert wird, daß trotz ob­jektiv günstigeren Lernbedingungen in­nerhalb der Sonderschule die Schüler im Vergleich zur regulären Beschulung nicht wirksamer gefördert werden(Tent, Witt, Bürger& Zschoche-Lieberum 1991). Als weiteren Kritikpunkt führen Edgar und Hayden(1984) an, daß selten eine Rückeingliederung des Sonder­schülers in die Regelschule gelingt. Ent­

sprechend konnten Walker et al.(1988) in einer zweijährigen Follow-up-Studie beobachten, daß 76.2% der Erziehungs­hilfe-Schüler in ihrer Sonderschule ver­blieben. Kritisch betrachtet wird die starke Homogenisierung der Sonder­schüler sowie die mit der Sonderschule verbundene Stigmatisierung der Schüler (Tent et al. 1991). Positiv wird die Son­derschule hinsichtlich ihre Schonraum­funktion bewertet. Die Schaffung homo­gener Lerngruppen wirkt durch den ver­ringerten Leistungsdruck sowie durch die erhöhten Chancen, positive Rück­meldung zu erhalten, angstreduzierend und selbstbewußtseinsfördernd. Gün­

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993

stigeres Arbeitsverhalten kann entste­hen(Tentet al. 1991). Als Resultat dieser Diskussion werden verstärkt integra­tive Modelle zur Förderung von sonder schulbedürftigen Schülern präferiert (vgl. Kanter 1985). Eine Übersicht über mögliche sonderpädagogische Organi­sationsformen in der Schule gibt Tabel­le 1.

) An der Realisierung der Studie waren Herr Fichtner, Herr Gruhler, Herr Klischat(alle Kinderheimat Kleingartach) und Frau Umann (Universität Bremen) beteiligt.