Die Anwendung des HAWIK-R zur Intelligenzdiagnostik bei sehbehinderten Kindern
im Grundschulalter
Von Karla Hofmann
Auf der Basis einer Untersuchung von 47 Schülern 3. und 4. Klassen einer Sehbehindertenschule mit dem HAWIK-R werden Aussagen zur Durchführung und Interpretation des Verfahrens bei dieser Population getroffen. Während sich in den Subtests des Verbalteils die Leistungen der Sehbehinderten nicht von denen der Normierungsstichprobe des Verfahrens unterscheiden, erzielen Sehbehinderte in sämtlichen Subtests des Handlungsteils signifikant schlechtere Leistungen. Dennoch wird— mit Ausnahme des'Bilderordnens’'— den weiteren Subtests des Handlungsteils ein Aussagewert für die Beurteilung intellektueller Fähigkeiten Sehbehinderter zugebilligt, allerdings unter der Voraussetzung einer populationsbezogenen Interpretation. Geringe bzw. nichtsignifikante Korrelationen zwischen Subtests des Verbal- und denen des Handlungsteils sprechen für deren hohe Unabhängigkei bei Sehbehinderten. Bei Teilung der Stichprobe in zwei Gruppen— Kinder, die im Internat und Kinder, die im Elternhaus wohnen— zeigen sich in 6 Subtests des HAWIK-R signifikante Gruppendifferenzen zuungunsten der Internatskinder.
On the base of a study with HAWIK-R on 47 pupils attending a school for partially sighted statements are made about how to interpret testscores in this population. As regards the verbal intelligence partially sighted children scored as well as sighted. As regards practical intelligence partially sighted scored on a significantly lower level. Apart from°Bilderordnen' further subtests of practical intelligence can also be used to assess intellectual capabilities of partially sighted. But they Should be interpreted only with regard to this population. Almost no significant correlations between verbal and practical subtests could be found.
Splitting the partially sighted in two groups— children who live in boarding school and children who live at home— differences in the level of intellectual capabilities between these groups are shown.
Vorbemerkungen
Empirische Untersuchungen, die Einsatzund Aussagemöglichkeiten des HAWIK bei sehbehinderten Schülern analysieren, liegen mittlerweile ca. 20 Jahre zurück(Klauer 1962; Baitinger& Bernd 1970; Krüger 1974). Seit dem Erscheinen des HAWIK-R(1983), der bzgl. der Aufgabeninhalte der einzelnen Untertests weitgehend neu entwickelt und neu normiert wurde, liegt keine Studie über Anwendungsmöglichkeiten bei sehbehinderten Kindern vor. Bei aller Kritik, die vor allem unter testtheoretischem Aspekt am HAWIK-R geübt wird(u.a. Kubinger
12
& Wurst 1985), gilt er als eines der im Sonderschulwesen der Bundesrepublik am häufigsten praktizierten intelligenzdiagnostischen Verfahren. Davon ausgehend soll— auf der Grundlage der Anwendung dieses Verfahren an einer Stichprobe sehbehinderter Kinder im Grundschulalter— eine Analyse der Aussagemöglichkeiten des HAWIK-R erfolgen und damit Hinweise zur Durchführung und Interpretation der einzelnen Untertests für die Population sehbehinderter Kinder gegeben werden. Insofern versteht sich die vorzustellende Untersuchung als Beitrag zur Psychologie Sehbehinderter.
Problem- und Fragestellung
Die bereits erwähnten Untersuchungen mit dem HAWIK(1956) lieferten z.T. unterschiedliche Ergebnisse in bezug auf das Niveau der sehbehinderten Kinder in den Untertests des Verbalteils und in bezug auf Zusammenhänge zwischen Visus und Testergebnis. Übereinstimmend konnten die genannten Untersuchungen jedoch ein herabgesetztes Niveau sehbehinderter Kinder in den Untertests des Handlungsteils nachweisen.
Da das beeinträchtigte Sehvermögen sehbehinderte Kinder im Handlungsteil aufgrund der hier gestellten Anforderun
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993