Entwicklungsförderung in einem spiel- und handlungsorientierten Unterricht
Von Annemarie Fritz und Reinhard Keller
Vorgestellt wird das Unterrichtskonzept eines spiel- und handlungsorientierten Unterrichts für das 1.und 2. Schuljahr, der seit 1985 an Kölner Grundschulen(inzwischen in 32 Klassen) durchgeführt wird. Ziel des Konzepts ist der Erwerb von Planungsfähigkeit, der in einem 3-phasigen Aufbau vermittelt wird: 1. Kennenlernen der Handlungsbedingungen; Erwerb spezifischer Fertigkeiten; 2. Ausführung und Erweiterung vorgegebener Handlungspläne; 3. selbständige Entwicklung von Handlungsplänen. Für den Erwerb metakognitiver Prozesse bietet das Rollen-, Phantasie- und Bauspiel einen selbstverständlichen und sinnvollen Handlungsrahmen. Ausgehend von den Spielhandlungen als Stufe der materiellen Tätigkeit sollen die Erfahrungen aus dem Spiel im Fachunterricht aufgegriffen, vertieft und auf andere Erkenntnisebenen übertragen werden.
A play- and action-oriented teaching concept for the first and secondary class is presented, which has been prooved in32 classesofelementary schools in Cologne(Germany). The essential aim of our concept is the acquisition of planning capacity, mediated in three steps: 1. becoming acquainted with the conditions of the action field; acquisition of specific skills; 2. performing and expanding given plans; 3. developing plans of their own. Roll-, phantasy- and construction-play are a meaningful frame of action for developing metacognitive skills. Following action-oriented theories, play can be considered as a special type of materialistic action, from where on starting, the experiences can be transferred to the lessons in school.
Ziele des Unterrichtskonzepts
Ausgangspunkt für die Entwicklung eines spiel- und handlungsorientierten „Unterrichtskonzepts“ für das erste und zweite Schuljahr waren die Erfahrungen, die wir bei Schulbesuchen an einer Vielzahl Kölner Grundschulen, Lehrerberatungen, Lehrerfortbildungen und in Gesprächen mit Schulräten gewonnen hatten. In unseren Beobachtungen und Gesprächen fanden wir die z.B. von Becker(1986), Bärsch(1990), Gudjons (1989), Herz(1990), Hurrelmann(1991) und vielen anderen getroffenen Aussagen zu den Veränderungen, die sich für Kinder in der Aneignung von Kultur ergeben haben, bestätigt:
Immer mehr Kinder werden eingeschult, die in der Vorschulzeit keine ausreichenden Entwicklungsvoraussetzungen für das Bestehen von Schule erwerben konnten. Vielen mangelt es an konkreten
Handlungserfahrungen, so daß ihnen nur eine ungenügende Lernbasis für abstraktes schulisches Lernen zur Verfügung steht. Anderen Kindern mangelt es an der sozialen Kompetenz, die für den Aufbau von Freundschaften und das Entstehen einer Klassengemeinschaft notwendig sind, oder es fehlt ihnen an der emotionalen Stabilität, die für die Auseinandersetzung mit Klassenkameraden und die Bewältigung von Lernanforderungen gefordert wird.
Genaue Zahlen über die Vorkommenshäufigkeit von Entwicklungsauffälligkeiten und-verzögerungen bei Erstkläßlern existieren nicht. In einer Studie des Regierungspräsidenten(RP) Köln (1990) waren in diesem Regierungsbezirk 15% aller 1989 eingeschulten Kinder nicht schulreif. Diese Angabe steht jedochlediglich für eine statistische Durchschnittsgröße, gefunden auf der Grundlage des Selektionskriteriums schulreif—
HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XIX, Heft 1, 1993
schulunreif. Sie besagt nichts über die qualitative Reife der Kinder, die als „Schulreif‘“ bezeichnet werden bzw. der „Schulunreifen“ Kinder, die in den ersten Jahrgangsklassen verbleiben.
Die Situation in den Schulen läßt viele Lehrer um Hilfe nachsuchen. Die heterogene Entwicklungsvielfalt der Eingangsklassen stellt Anforderungen an die Schule, der ein auf Fertigkeitsvermittlung ausgerichteter Unterricht nicht mehr gerecht wird. Zwischen den Entwicklungsvoraussetzungen der Kinder und der Entwicklungsstufe der Lernfähigkeit (vgl. Jantzen 1987) klafft eine Lücke, die erst überbrückt werden muß, bevor schulisches Lernen im engeren Sinne einsetzen kann.
In den Grundschulrichtlinien(1985, 9) wird der Grundschule der Auftrag erteilt, der veränderten, weniger auf unmittelbare Erfahrungen ausgerichteten Entwicklung Rechnung zu tragen und durch eine
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