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Heilpädagogische Forschung : Zeitschrift für Pädagogik und Psychologie bei Behinderungen
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blinder Kinder überhaupt eine Angabe gemacht haben. Somit sind die Angaben auf den einzelnen Altersstufen als unzu­verlässig zu betrachten.

Spiel mit Eltern oder anderen Erwach­senen. Tabelle 7 zeigt den Anteil blinder und sehender Kinder für verschiedene Spielaktivitäten mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen.

In der Gesamtstichprobe bis 48 Monate waren für blinde Kinder die beliebtesten Spielaktivitäten mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen motorische Spiele mit und ohne Material(z.B. toben, schau­keln), Schmusespiele(z.B. necken, strei­cheln) oder Sing- und Kindergartenspiele (z.B. Kinderlieder, Reime). Auch für se­hende Kinder standen motorische Spiele mit und ohne Material an erster Stelle der gemeinsamen Aktivität mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen. Eine weite­re, häufige Spielaktivität mit Eltern oder anderen Erwachsenen war für sehende Kinder das gemeinsame Anschauen von Bilderbüchern oder Geschichten vor­gelesen bekommen.

Statistisch bedeutsame Unterschiede im Spiel blinder und sehender Kinder mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen ergaben sich in acht Spielformen. Blinde Kinder und ihre Eltern schmusten häufi­ger miteinander als sehende Kinder. Sie führten häufiger gemeinsam Sing- und Kindergartenspiele durch, produzierten Geräusche und beschäftigten sich häufi­ger als sehende Kinder mit einfachem Konstruktionsspiel(z.B. etwas ein- und ausräumen). Die Unterschiede zwischen blinden und sehenden Kindern waren jeweils für die Gesamtstichprobe und mit Ausnahme für das einfache Kon­struktionsspiel für die älteren Kinder (25-48 Monate) signifikant.

Sehende Kinder schauten sich signifikant häufiger als blinde Kinder mit ihren El­tern oder anderen Erwachsenen Bilder­bücher an oder ließen sich vorlesen. Die­ser Unterschied zwischen sehenden und blinden Kindern ergab sich für beide Altersgruppen. Hinsichtlich des kom­plexen Konstruktionsspiels ergab sich nur für die jüngere Altersgruppe(bis 24 Monate) ein bedeutsamer Unterschied zwischen sehenden und blinden Kindern.

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Heinrich Tröster& Michael Brambring+ Spiele und Spielmaterialien blinder und sehender Kinder

Tab. 7: Spielaktivitäten blinder und sehender Kinder mit Eltern oder anderen Erwachsenen

Jüngere Kinder

Spielaktivität(bis 24 Monate) B:n=40 S:n=39 Schmusespiele S0.0.333 Sing-, Kindergartenspiele 22.5 zn Geräusche produzieren 17.5 5.1 Einfaches Konstruktionsspiel 75 2.6 Tast-, Bilderbücher betrachten; Geschichten hören 10.0 235.9? Komplexes Konstruktionsspiel 0.0 12.8! Malen, Basteln 0.0 Z.1 Zuordnungsspiele 25 0.0 Motorische Spiele ohne Material 52.5 43.6 Motorische Spiele mit Material 15.0 25.6

Ältere Kinder Gesamtgruppe (2548 Monate)(bis 48 Monate) B:n=33 S:n=34 B:ın=73 Sn=z73 18.2 2.9 35.6 19.2! 39.4 11.8? 30.1 9.6? a 0.0! 15.1 2 15.2 2.9 11.0 27 18.2.- 47. 13.7 41.12 9.1 59 4.1 9.6 0.0 5.9 0.0 6.8! 0.0 14.7' 1.4 6.8 36.4 20.6 45.2 232.9 212 8.8 17.8 17.8

Anmerkungen. Prozentangaben für blinde und sehende Kinder hinsichtlich der verschiedenen Spielaktivitäten beim Spiel mit Eltern. Mehrfachnennungen der Kategorien möglich; Mehrfachnennungen innerhalb einer Kategorie wurden nicht berücksichtigt. Die KategorieSonstige und die Kategorien mit weniger als 10%

Nennungen wurden nicht aufgeführt. B: Blinde Kinder, S: Sehende Kinder;

Ergebnisse der Chi-Quadrat- Tests zur Prüfung der Unterschiede zwischen blinden und sehenden Kindern.

lp<.05,?2p<.01l,?p<.001.

Jüngere sehende Kinder spielten häufi­ger diese Form von Spiel mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen als blinde Kinder. Malen und Basteln wurde zwar auch nicht häufig von sehenden Kindern mit ihren Eltern oder anderen Erwachse­nen durchgeführt, aber der Unterschied zwischen sehenden und blinden Kindern war für die Gesamtgruppe signifikant, da diese Spielaktivität für blinde Kinder gar nicht genannt wurde. Ältere sehende Kin­der(2548 Monate) spielten häufiger als blinde Kinder mit ihren Eltern oder ande­ren Erwachsenen Zuordnungsspiele(z.B. Puzzle legen; Ordnen von Material nach Größe, Form oder Farbe).

In Abbildung 3 werden anhand ausge­wählter Beispiele Unterschiede zwischen blinden und sehenden Kindern im El­tern- oder Erwachsenenspiel in Abhän­gigkeit vom Alter der Kinder dargestellt. Blinde Kinder führten vom 18. Lebens­monat bis zum 6. Lebensjahr häufig Sing­und Kindergartenspiele mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen durch. Se­hende Kinder zeigten diese Spielform gemeinsam mit ihren Eltern oder ande­ren Erwachsenen nur in geringem Um­fang.

Hinsichtlich der Schmusespiele ergaben sich bei den einjährigen sehenden und blinden Kindern gleichermaßen häufige

Aktivitäten, die jedoch bei sehenden Kin­dem im Gegensatz zu blinden Kindern schnell abnahmen.

Alseine bevorzugte Betätigung zwischen sehendem Kind und Eltern oder anderen Erwachsenen erwies sich das gemeinsa­me Anschauen von Bilderbüchern oder das Vorlesen von Geschichten. Für blin­de Kinder war erst im 6. Lebensjahr eine deutliche Zunahme dieser Form der El­tern-Kind-Interaktion feststellbar. Zweijährige sehende Kinder spielten häufig komplexe Konstruktionsspiele mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen. Ab dem 3. Lebensjahr spielten sehende und blinde Kinder gleich häufig solche Spiele mit ihren Eltern oder anderen Erwachsenen.

Diskussion Methodische Vorüberlegungen

Die Untersuchung bezieht sich auf blin­de Kinder ohne weitere schwerwiegende Beeinträchtigungen. Für diese Gruppe sehgeschädigter Kinder, nicht jedoch für sehbehinderte oder mehrfachbehinderte blinde Kinder, können die Befunde als repräsentativ angesehen werden, da von den Frühförderstellen für Sehgeschädigte

HEILPÄDAGOGISCHE FORSCHUNG Band XVII, Heft 1, 1992