Vom Glück der Freundschaft Sagarra 117 Vom Glück der Freundschaft bei Theodor Fontane Eda Sagarra Sehr verehrter, lieber Herr Nürnberger, liebe Nürnbergerverehrer, als die Einladung kam, meldete sich mein Thema sofort. Die Gründe liegen auf der Hand. Die Fontane-Gesellschaft und die Fontaneforschung sind dafür bekannt, dass sie seit DDR-Zeit und bis zum heutigen Tag freundschaftsstiftend wirken. Auch mir hat die Gesellschaft Freunde fürs Leben gewonnen – unter vielen denke ich an Charlotte Jolles, Manfred Horlitz, Renate Böschenstein, Gotthard Erler und Helen Chambers. So spreche ich gern und vom Herzen vom Glück der Freundschaft bei Theodor Fontane. »Wie verstehen Sie das Glück?« wurde Fontane gegen Ende seines Lebens in einem fiktiven Interview gefragt.»Gar nicht« lautete die Antwort. 1 Was zum großen Teil wohl stimmen möchte. Nur augenblicklich oder im leicht verschönernden Rückblick des Alters schien er das eigentliche Ausmaß seines Glücks im Leben wahrzunehmen. Er pflegte bei Gelegenheit sein Los zu beklagen – jeder erinnert sich an sein Wort von der»schlechtsitzenden Hose« 2 . Von seiner Kindheit hieß es:»Ich war unter Verhältnissen großgezogen, in den überhaupt nie was stimmte«. Doch war ihm Frau Fortuna hold, denkt man an sein sanguinisches Temperament; seine wohl nicht immer leichte, doch sehr reiche Jugendzeit; seine Frau, eine echte Lebensgefährtin, die ihn bis ans Ende liebte und verehrte und ihm stets das Leben ›interessant‹ zu machen verstand – man denke an die Briefstelle an Wolfsohn vom 10. November 1847:»Das Hervorstechende ihres Wesens ist, körperlich und geistig, das Intressante …« 3 und – als letztes Glück in seinem langen Leben ein Tod, wie ihn jeder sich wünschen möchte. Doch für den Künstler war vielleicht neben seiner Emilie die grösste Gabe, die ihm in die Wiege gelegt wurde, sein Talent für Freundschaft, ein Talent, mit dem er reichlich zu wuchern verstand und das auch eine eminent praktische Seite besaß.
Heft
(2016) 101
Seite
117
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