Heft 
(2016) 102
Seite
8
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8 Fontane Blätter 102 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes Vom Wesen einer Schriftstellerpersönlichkeit. Theodor Fontane und Franz Xaver Riß. Mit acht unbekannten Briefen Fontanes Nina Rodenhauser Am 26. Februar 1895 bat Theodor Fontane seinen Verleger Wilhelm Hertz, die vier Bände seiner Wanderungen und»wenns sein kann« dazu auch noch den Band Fünf Schlösser an einen Herrn Franz Riß in Rosenheim (Baiern), Frühlingsstraße 3 zu schicken. Zur Erklärung fügte er hinzu:»Sie werden sich wundern, dass ich mit Franz Riß so viel Umstände mache oder was noch schlimmer ist, Anderen Umstände bereite; es ist aber ein ganz besonders feines und kluges Kerlchen und dabei ebenso bescheiden wie klug. Ganz von einer mehr und mehr aussterbenden Sorte. Er hatte meine letzten Romane in einem Münchener illustr: Journal, ich glaube ›Deutsche Kunst‹ oder so ähnlich, besprochen, und ich habe, selbst Freund Schlen­ther kaum ausgeschlos­sen, nie was Besseres d. h. das Wesen einer Schrift­steller­persönlichkeit Treffendes gelesen, als diese Besprechung. Deshalb mache ich so viel Umstände mit ihm.« 1 Natürlich, es ging dem Schriftsteller darum, seinen Verleger zu veran­lassen, ein Buchpaket zu versenden, möglichst auf Firmenkosten. Dennoch lässt der Brief an Hertz aufhorchen. Was ist das für ein Essay, den der 75-jährige Fontane so hoch schätzte? Und wer ist sein Verfasser? Von der Fontane-Forschung erhält man keine Antwort auf diese Fragen. In der Bib­liographie von Wolfgang Rasch findet sich kein Hinweis auf Franz Riß. Und die Chronik kennt zwar seinen Namen, weiß aber auch nicht mehr als Kurt Schreinert und Gerhard Hay, die Herausgeber der Briefe Fontanes an Wilhelm­und Hans Hertz, die in ihrem im Übrigen so kenntnisreichen Kommentar resigniert festhalten mussten»war nicht zu ermitteln«. ­Nirgends fand sich ein Anhaltspunkt. Auch das Verzeichnis der Briefe Fontanes­bietet nicht mehr als den Hinweis auf den eben zitierten Brief. Von 1893 bis 1896 hat Theodor Fontane mit Franz Riß korrespondiert. Die Briefe, die Fontane von Franz Riß erhielt, sind verschollen. ­Die Gegen­briefe Fontanes sind im Besitz der Familie überliefert. Sie sollen hier erst­mals veröffentlicht werden. Auch einer der Essays, die Franz Riß publiziert hat, er hat nicht nur einmal, sondern mehrmals über Fontane geschrieben,