Heft 
(2018) 105
Seite
154
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154 Fontane Blätter 105 In memoriam Helmuth Nürnberger Und aus einem Brief vom April 1897:»Wir brauchen einen ganz anderen Unterbau.« Die meisten der bei Paul Rilla zu findenden Fontane-Sätze stam­men aber doch aus der früheren Einleitung von Thomas Mann. Und so stellt diese Ausgabe in nun grauem Leinen wohl den Versuch dar, an die geistige Haltung von vor 20 Jahren, wie sie bei Thomas Mann zu finden war, anzu­knüpfen und jenen dazwischen liegenden Versuch, Fontane für eine völ­kisch-nationale Haltung zu reklamieren, zu korrigieren, ja, ihn gewisser­maßen zurückzunehmen. Alle drei Verfasser sind nicht beliebige Autoren, sondern stehen mit Werk und Person auch für den herrschenden Geist ihrer Zeit. Wenn Sie auf die hier vorn stehenden drei Ausgaben schauen, so haben Sie äußerlich eine große Kontinuität aber eine mit entschiedenen inneren Brüchen. »Vom Glück der Ideologieresistenz«, so nannte ich meine Beobachtun­gen. Es könnte sich der Einwand erheben, was es denn mit Resistenz zu tun habe, wenn poetische Produktionen so benutzt, ja so missbraucht werden können. Die Antwort fiele mir leicht. Sie ergibt sich aus ruhiger Betrach­tung, aus einigem Abstand heraus. Laden die Texte selbst zu Missverständ­nissen ein? Was bleibt? Die Texte bleiben. Es bleiben nicht die Einleitungen, nicht die Versuche, Fontane ideologisch zu vereinnahmen. Es mag sein, dass es gelegentlich neue Versuche geben könnte. Kürzlich war so etwas zu beob­achten, als in Neuruppin ein sogenannter»Tag der deutschen Zukunft« stattfand. Dabei wurde mit einem stilisierten Fontane-Porträt für ein Deutschland in den Grenzen von 1937 geworben. Und doch auch dies wird vorübergehen. Vielleicht hat Thomas Mann Recht, wenn er vom»unsterblichen Fontane«­spricht. Die Einleitungen zu den Ausgewählten Werken, die Ver­suche der ideologischen Vereinnahmung jedenfalls sind nur temporär, wie zu zeigen war.