Editorial Editorial 5 Werte Leserinnen und Leser, mitunter kommt, was überraschend aus den Archiven auftaucht, gerade recht: Gleich mehrfach ›glücklich‹ zu nennen ist jener Fund, der – in Gestalt einer Entbindungsanzeige in der Spenerschen Zeitung – nicht weniger dokumentiert als das erste Auftreten Theodor Fontanes in der Presse. Es sei, so erfahren wir im 200. Jubiläumsjahr, eine»glückliche, aber schwere Entbindung« gewesen, nach der Fontane das Licht der Welt erblickte. Unter welchen publikationshistorischen Umständen er nur wenige Wochen nach der ›schweren Geburt‹ das Licht der Medien erblickte, lässt sich im Beitrag des glücklichen Finders, Wolfgang Rasch, nachlesen. Zu den ›Medien Fontanes‹ gehören auch jene Bücher und Hefte, die Fontane selbst besessen und in die er sich nicht selten eingeschrieben hat: in Form von Marginalien, Einlagen, Unter-, An- und Durchstreichungen. Einen Neuzugang zu dieser als ›Fontanes Handbibliothek‹ bezeichneten, im Theodor-Fontane-Archiv verwahrten Sammlung stellt Klaus-Peter Möller in seinem Beitrag vor. Dabei führt diese ›glückliche Erwerbung‹ – ein von Otto Brahm verfasster Essay über den norwegischen Dramatiker Henrik Ibsen – mitten hinein in eine literarhistorische Konstellation Ende der 1880er Jahre, in der sich der literarische Wandel zur Moderne verdichtet. Vom späten Fontane geht auch der Beitrag von Gudrun Loster-Schneideraus, der die autobiographische Schrift Von Zwanzig bis Dreißig und den postum veröffentlichten Roman Mathilde Möhring zur Grundlage einer Reflektion über den so produktiven Forschungstopos der ›Fontane’schen Ambivalenz‹ macht – und dabei auch die überaus aktuelle Frage nach Fontanes ambivalentem Umgang mit nationalen und regionalen Stereotypen einer kritischen Diskussion unterzieht. In Fontanes frühe Jahre führt der Beitrag von Roland Berbig, der mit dem Tunnel über der Spree die vermutlich wichtigste literarische Sozialisationsinstanz des Autors in den Blick nimmt. Nicht Fontane steht hier freilich im Mittelpunkt, sondern einer seiner»Wegbereiter«, der langjährige Tunnel-Sekretär Wilhelm von Merckel, dessen
Heft
(2019) 107
Seite
5
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