Otto Brahms Essay über Ibsen Möller 33 S. 69© Theodor-Fontane-Archiv stärker formulierte er seine Ablehnung auf der folgenden Seite, auf der Brahm Ibsens eigene Worte über den Zusammenhang seiner Dichtung mit seinem Leben zitierte. Fontane streicht die Stelle an und schreibt an den Rand:»Alles Schwabbel.«(S. 68). 42 Den resümierenden Satz:»Goethe will sich, rein als Künstler, aussprechen; Ibsen will heilen.«(S. 68 f.), kommentiert Fontane bissig:»Sehr gut; aber schlimm für Ibsen. Dabei kommt denn eben ein Gregers oder ein Doktor Stockmann heraus, die nur verwirren.« Dem Hinweis, Ibsen sei ein Moralist mit dunkler Brille, stimmt Fontane lakonisch zu:»Allerdings.«(S. 69). Wie bei Brahms Essay über Gottfried Keller setzt sich Fontane weniger mit dem Verfasser, sondern direkt mit dem Gegenstand selbst auseinander, in diesem Fall mit Henrik Ibsen. Fontanes Ibsen-Rezeption, bis dahin marginal, setzt im Frühjahr 1887 mit zwei Ereignissen ein, mit der Vorstellung der Gespenster und mit der Lektüre des Essays von Otto Brahm. Wie stark Fontane durch das Werk Ibsens beeindruckt war, lässt sich bereits seiner Rezension über die Wildente ablesen, die ein Jahr später am 22. Oktober 1888 in der Vossischen Zeitung erschien. Dieses Stück hielt Fontane für »echt und wahr« und für ein vollendetes Kunstwerk. Die Beschäftigung mit den durch dieses Stück aufgeworfenen Fragen war für Fontane wie ein »Absagebrief gegen das Alte«. 43 Am 15. November 1888 erklärte Fontane Paul Schlenther, dass dessen Rezension von Rosmersholm den Wunsch in ihm ausgelöst habe,»alles Ibsensche« zu kaufen und zu lesen oder möglichst viele seiner Stücke zu sehen. 44 Später äußert Fontane, dass sein Ibsen-
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(2019) 107
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33
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