Heft 
(2017) 103
Seite
138
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138 Fontane Blätter 103 Rezensionen und Annotationen ­überraschend zu beginnen und am Schluß, auf höherer Stufe, zum Anfang zurückzukehren. Das einzige Wort, über das der Rezensent stolperte, ist »austarieren«(S. 259). Zum Reichtum des sprachlichen Stils gesellt sich in diesen Studien ­Helmuth Nürnbergers der Reichtum an Welt, der Welt aus der Zeit vor dem zwanzigsten Jahrhundert und der Welt der damaligen Gegenwart. Die Menschen des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts kommen dem Leser näher, besonders dadurch, daß sie sich in einer konkurrierenden oder unbequemen Position Fontane gegenüber befinden. Ein solcher Mensch ist Theodor Mommsen, der mit Lorbeeren gekrönte Kenner der römischen Geschichte, dem 1902 der Nobelpreis für Literatur zuerkannt wurde. Fontane fühlte sich ziemlich gering im Vergleich zu diesem Mann, dem er als Mitglied des betreffenden akademischen Gremiums die Doktor­würde der Humboldt Universität zu verdanken hatte. In seinen Dankesbe­zeigungen an Mommsen nimmt Fontane die Haltung des überschwenglich Demütigen an, was nicht angenehm ist. Das Streiflicht, das auf Mommsen fällt, erhellt das Profil Fontanes. Der interessierte Leser wird das Gegebe­ne weiterspinnen, so etwa die Beziehung zu Paul Heyse, der um die vorletz­te Jahrhundertwende soviel Ansehen genoß, daß er 1910 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Steht Heyse heutzutage mit Recht im Abseits? Helmuth Nürnberger stellt sein Licht nicht unter den Scheffel. Er teilt sein Wissen mit allen Interessierten und zeigt Wege für fruchtbare weitere Forschung. Die Studie über Theodor Fontane und Colmar von der Goltz ist ein sprechendes Beispiel für die anregende Erörterung von Fontanes Be­kanntschaft mit einem prominenten Zeitgenossen. Fontanes Leben ist der Mittelpunkt einer Vielzahl von Beziehungen, die einen Großteil Europas umfassen. Zur Exploration dieser Welt lädt Helmuth Nürnberger ein. Die Gemeinde der Leser Fontanes ist ihm zu großem Dank verpflichtet. Hans Ester