Leider haben sich keine Briefe Friedlaenders an Theodor Fontane selbst erhalten, aber immerhin sind einige Briefe an Fontanes Sohn, den Berliner Verleger Friedrich Fontane, auf uns gekommen, die es gestatten, die Probe auf Fontanes hohes Lob der Briefkunst seines Korrespondenten zu machen. Das Ergebnis dieser Nachprüfung bestätigt Fontanes Einschätzung der briefstellerischen Sonderbegabung Friedlaenders nicht. Man kann aber die Vermutung wagen, daß Friedlaenders Briefanlage, seine Vorliebe für das Novellistische und das Pointierte, die er sich selbst angerühmt hat, sich an den Briefen Fontanes beflügelt und eine Höhe erreicht hat, die zu erklimmen ihm im allgemeinen sonst versagt geblieben ist. Friedlaender entwickelt in den vorliegenden Briefen einige umfassendere literarischen Absichten wie den Plan einer Schilderung seines häufig monatelangen persönlichen Umgangs mit Theodor Fontane mit Einfügung ausgewählter Briefe des Dichters an ihn, ferner sein altes Vorhaben der Niederschrift eines novellistisch gerundeten „Amtsrichter-Tagebuchs“ und die Abfassung seiner Jugenderinnerungen aus dem alten Berlin. Schon Fontane hatte sich mit sehr starken Zweifeln an der Verwirklichung des Planes der Amtsrichtererzählungen Friedlaender gegenüber geäußert, aber Friedlaender hat seine Grenzen nicht erkannt und hat auch nach Fontanes Tod seinen Glauben an sein schriftstellerisches Vermögen weiter gehätschelt und neue literarische Pläne in sich gehegt. Aber er war ein verhinderter Schriftsteller und hat, abgesehen von seinen Erinnerungen aus dem Kriege von 1870, nichts von dem Geplanten über den Entwurf hinaus gefördert. Wir bedauern es vor allem, daß sein Fontane-Buch nicht über dies Stadium hinaus gediehen ist.
Daneben ist einiges in den vorliegenden Briefen von größerem Interesse, vornehmlich die Äußerungen von dritter Seite über die Redaktion und das Auswahlprinzip der Fontaneschen Familienbriefe (Nr. 4) und die Mitteilungen über das Verhalten der Fontaneschen Nachlaßkommission gegenüber den an ihn gerichteten Briefen des Dichters.
Ich schließe den Briefen Friedlaenders an Friedrich Fontane noch einen Brief Otto Pniowers an Friedlaender und den kleinen Briefwechsel zwischen Friedrich Fontane und Hans Friedlaender, den Sohn Georgs, an. Alle diese Briefe gehören insofern zusammen, als sie die Briefe Fontanes an Georg Friedlaender zum gemeinsamen Gegenstand haben.
Die Fundorte der hier mitgeteilten Briefe verteilen sich so:
I. Die handschriftlichen Originalbriefe Friedlaenders an Friedrich Fontane — die Gegenbriefe fehlen leider — befinden sich im Besitz des Fontane-Archivs in Potsdam, dem ich für die Abdruckerlaubnis aufrichtig dankbar bin. Nur eine Karte aus Nervi vom 28. Februar 1905, dessen Text Friedlaender seinem Sohn Hans diktiert hat, blieb unberücksichtigt; darin teilt er Friedrich Fontane mit, daß er in seinen Menzel-Erinnerungen in