Heft 
(1978) 27
Seite
174
Einzelbild herunterladen

Sonja Wüsten (Berlin)

Zu kunstkritischen Schriften Fontanes

Im vierten Kapitel der an der Martin-Luther-Universität Halle-Witten­berg 1975 verteidigten Dissertation zum ThemaTheodor Fontanes Ver­hältnis zu den historischen Denkmalen wurde die Beziehung des Dichters zur damals zeitgenössischen bildenden Kunst untersucht. Dieses Kapitel wird im folgenden mitgeteilt. Da es sich um einen in sich relativ geschlossenen Abschnitt handelt, waren nur geringfügige Kürzungen und Umstellungen erforderlich. Er wurde in der Hoffnung ausgewählt, damit Impulse für weitere genauere Erforschung dieser noch kaum bearbeiteten Thematik zu geben. Die bisher dazu veröffentlichten Beiträge, auch die spezielleren von Walter Vogt 1 und Rudolf Fürst, 2 konnten sich nur auf die Kenntnis eines Teiles der Schriften Fontanes zur bildenden Kunst stützen. Daraus mußten sich Einengungen und auch Fehldeutungen ergeben. Die Möglichkeit, bestimmte Entwicklungslinien, die sich in Fontanes Gedanken zur bildenden Kunst abzeichnen, zu erkennen und im Detail zu verfolgen, bietet sich erst, seit mit der Herausgabe der beiden BändeAufsätze zur bildenden Kunst in der Gesamtausgabe der Werke Fontanes der Nymphenburger Verlagshandlung München ein umfangreiches Quellenmaterial gesammelt vorliegt.

Diese Möglichkeit wurde in der vorliegenden Arbeit bei weitem nicht ausgeschöpft, weil die Untersuchungen sich vorzugsweise' auf jene Gedanken Fontanes zur zeitgenössischen bildenden Kunst beschränken mußten, deren Kenntnis sich als notwendige Voraussetzung zum tieferen Verständnis seiner Äußerungen zu historischen Werken der Architektur und bildenden Kunst erwies, zu den Kirchen, Schlössern, Burgen, Herrenhäusern mit ihren Gemälden, Skulpturen usw., die damals größ­tenteils bereits als Denkmale anerkannt waren.

Zwischen Fontanes literaturtheoretischen Beiträgen, seinen Kunstkritiken und seinen Denkmalsbeschreibungen bestehen enge Zusammenhänge. Sie ergeben sich aus seiner Auffassung vom Realismus und äußern sich in übereinstimmenden Fragestellungen und Interpretationen. In seinen dichtungstheoretischen wie in seinen kunstkritischen Darlegungen stehen immer wieder Fragen nach dem Wesen der Kunst, nach dem Verhältnis von Wirklichkeit und künstlerischem Abbild, von Stoff und künstlerischer Gestaltung, dem Schönen und dem Häßlichen im Mittelpunkt des Interesses.

In Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Fontanes Literatur- und Kunstkritiken hat Walter Vogt bereits in seinem AufsatzFontane und die bildende Kunst verschiedene Hinweise auf Literaturkritisches, vor allem denCauserien entnommen, mit aufgeführt.

Auch im folgenden wird versucht, Parallelen, die sich zwischen Fontanes dichtungstheoretischen Überlegungen und seinen Beiträgen zur Bau- und Bildkunst abzeichnen, durch Hinweise auf literaturkritische Äuße­rungen aufzuzeigen.

174