Mitteilung
Ein von Theodor Fontane 1862 beschriebenes Exponat in Weimar wieder ermittelt.
Im Band „Die Grafschaft Ruppin“ seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ berichtet Fontane auch über das am Ruppiner See gelegene Schluß Wustrau, den Alterssitz des legendenumwobenen preußischen Reitergenerals Hans Joachim von Zieten. In einer Fußnote zur Beschreibung der Inneneinrichtung des Schlosses Anden wir folgende Sätze: „... Von diesem (d. i. Friedrich II., König von Preußen) erhielt er auch gegen Ende seines Lebens einen Krückstock. Die Krücke desselben ist von Elfenbein und ein eigenhändiges Schreiben des Königs läßt sich in gemütvoller Weise darüber aus, warum sie von Elfenbein und nicht von Gold sei. Stock und Handschreiben befinden sich beide in der Großherzoglichen Bibliothek zu Weimar.“
Es lag nun nahe, den Wahrheitsgehalt dieser Fußnote erneut zu überprüfen. Nach geraumer Zeit des Suchens konnte in der Zentralbibliothek der deutschen Klassik in Weimar bei Inventarisierungsarbeiten dieser Stock wieder ermittelt und mit Hilfe von Katalogeintragungen identifiziert werden. Der Begleitbrief freilich muß wie auch der Großteil der Bibliotheksakten als Kriegsverlust betrachtet werden. Doch ist das wohl kein sonderlicher Verlust, der Brief scheint doch einigermaßen apokryph zu sein.
Im Katalog der Kunstgegenstände lautet die Eintragung zu Nr. 20.3: „Ein Krückstock aus einem Narwals-Zahn, dessen elfenbeinener Kopf eine Schnupftabaksdose bildet. In einem schwarzen Lederetui. Ein Briel, angeblich von Friedrich dem Großen an den General Zieten und ein Brief des General-Directors von Olfers an Hofrat Preller sind zu den Akten geheftet.“ Diese Akten jedoch existieren nicht mehr. Nur aus anderen Archivalien läßt sich etwas über die Briefe erschließen. Nach dem von Ludwig Preller ausgefertigten Jahresbericht der Großherzoglichen Bibliothek für 1848/49, zu dem Friedrich Kräuter „Materialien“ über den Zugang beitrug, wurde der Krückstock mitsamt dem Brief vom Großherzog der Bibliothek im Berichtsjahr übergeben. Da aber Zweifel an der Echtheit des Begleitbriefes auftauchten, wandte man sich an den Generaldirektor der Königlichen Museen zu Berlin, Ignaz von Olfers. Dieser schrieb am 7. September 1850 an Preller: „Das bei demselben (gemeint ist der Krückstock) befindliche Autographum ist mir bedenklich.“ Wenig später, am 6. Oktober des gleichen Jahres erklärte Olfers ergänzend dazu: „Der elfenbeinerne Krückstock scheint mir apocroyph, es ist nirgens eine Spur von einer solchen Gabe zu finden.“
Wenn auch der Begleitbrief heute fehlt, so befindet sich doch der beschriebene Stock in den Sammlungeri des Goethe-Nationalmuseums, das wie die Zentralbibliothek der deutschen Klassik zu den Nationalen Forschungsund Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar gehört.
— Dr. Konrad Kratzsch, Weimar —