Heft 
(1983) 35
Seite
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Im Notizbuch von 1869 ist vermerkt:Aparter Theil des Friedhofs. Hier liegen: v. Arnim, Persius, Lenne, Illaire und verschiedene Sellos. Das Ganze verandaartig eingefaßt, einfache Pfeiler mit Balkenlagen, alles mit Epheu und wildem Wein umrankt und von Linden und Nußbäumen von außen her überschattet. Drinnen viel Rosen, Geranien, Taxus und Cypres- sen-Bäume. An den Rand geschrieben ist:Verbenen und weiter: Alle Sellos, davon wohl ein Dutzend hier bestattet sind, blos Feldstein- Blöcke, von einer Seite polirt und mit Goldschrift Namen und Daten. 11 Im veröffentlichten Text heißt es dann:Die alten Gärtner wollten in einem Garten schlafen. So viele Gräber, so viele Beete das Ganze verrandaartig von Pfeilern und Balkenlagen umstellt. Die Pfeiler wieder hüllen sich in Efeu und wilden Wein, Linden und Nußbäume strecken von außen her ihre Zweige weit über die Balkenanlagen fort, zwischen den Gräbern selbst aber stehen Taxus und Zypressen, und die brennende Liebe der Verbenen spinnt ihr Rot in das dunkelgrüne Gezweig.

Die Verbenen, die Fontane sah, können mit gewisser Sicherheit als die zinnoberrot blühende Wildform Verbena peruviana (L.) Britt., deren dünne Stengel auf dem Boden hinkriechen, bestimmt werden. Diese, heute selten kultivierte Art, sollte zukünftig dem Selloschen Begräbnisplatz wieder seinen unverwechselbaren Charakter geben.

Zur Bepflanzung einzelner Grabstätten geben die Notizen Fontanes eben­falls Hinweise. Zu der Skizze, welche die Grabstele des Geheimkämmerers Timm darstellt, ist notiert:Zwei Taxusbäume. Wohlgepflegt. Buchsbaum. Viel weiße Blumen. Und bei der Skizze des Rösel-Grabgitters ist ver­merkt:Flagerosen. Vergißmeinnicht. 10

Diese wenigen Hinweise zur Gestaltung des Bornstedter Kirchhofs um 1869 können wesentlich helfen, bei einer gärtnerischen Rekonstruktion Formen wiederzugewinnen, die die Stimmung der heute noch erkenn­baren Haupt-Belegungszeitabschnitte beider Friedhofsteile treffen können. Das wäre für den alten Kirchhof die Zeit zwischen 1750 und 1850 (... freundlicher Charakter einer Obst-Plantage.) und für den Sello­schen Friedhof die Jahrzehnte zwischen 1844 und 1880 (So viele Gräber, so viele Beete . ..).

Die Grabzeichen, die Fontane 1869 vorfand und skizzierte (vgl. Abb. 24), sind heute noch vorhanden und gehören zu den besonderen Sehenswür­digkeiten des Bornstedter Friedhofs, vor allem der Selloschen Anlage. Die bedeutendste, hier bestattete Persönlichkeit ist der Gartenarchitekt und Landschaftsgestalter Peter Joseph Lenne (f 1866). Ihm wurde das von Fontane beschriebene Marmorkreuz mit der Darstellung des Chri­stuskopfes auf dem Schweißtuch der Heiligen Veronika gesetzt. Christ­liche Symbolik wurde auch für das Wandgrab des Geheimen Kabinetts­rates Emil Illaire gewählt: Ein zum Himmel weisender Engel sitzt, gestützt auf die Bibel, auf einem Sockel, der das Bildnisrelief des Verstorbenen trägt. Schöpfer dieses Grabmals war Prof. Julius Franz (18291887), ein Schüler Ludwig Wichmanns und Gehilfe Ch. D. Rauchs. 11 Die früher gesetzten Grabsteine, wie die des Geheimkämmerers Karl Timm (t 1839) oder des Architekten Ludwig Persius (t 1845), der der für Potsdam wichtigste Schinkelschüler war, haben antike Vorbilder. Die Per-

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