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Wlätter und Wl'ütHen.
Gin Znöikäum» Kein Morgenständchen und keine Tafelmusik, keine ! Abordnungen und keine Adressen, keine Festreden und Festartikel bezeichnen das Jubiläum, das wir im Sinne haben. Derjenige oder vielmehr die- ! jenige, welche im Mittelpunkte aller dieser Huldigungen stehen müßte, hat längst die Augen geschlossen, und menschliche Ehren erreichen sie nicht mehr. Aber in der Stille soll der Gedenktag doch gefeiert werden mit ein paar Zeilen der „Gartenlaube", und er soll nicht unvergessen bleiben in der großen Schar ihrer Leser; denn diese Leser sind in erster Linie berufen und befugt, mitzufeiern.
Es sind jetzt genau 25 Jahre her, seit E. Marlitt ihre erste Novelle in der „Gartenlaube" veröffentlicht hat; es war die Nummer 36 des Jahrgangs. 1865, in welcher „Die zwölf Apostel" erschienen, denen dann sofort 1866 der große Roman folgte, welcher den Ruhm der Marlitt mit einem Schlage unerschütterlich begründete, die „Goldelse".
Die Marlitt war nicht eigentlich von jener schnellschreibenden Fruchtbarkeit, die jetzt so häufig auch gute Talente nur allzu rasch erschöpft; neun größere Romane und vier kleinere Erzählungen sind in dem Zeitraum von 22 Jahren aus ihrer Feder geflossen. Sie bilden in der illnstrirten Gesammtausgabe, die gegenwärtig erscheint und beinahe abgeschlossen vorliegt, 10 hübsche Bände; der neunte Band, „Das Eulenhaus" enthaltend, ist in diesen Tagen ausgegeben worden; so trifft der unvollendet hinter- lassene, von verständnißvoller Hand ergänzte Torso durch ein Spiel des Zufalls zusammen mit dem Gedenktag des Erstlingswerkes. "
Gin Kampf in den Wolken. (Zu dem Bilde S. 601.) Die alten Chroniken wissen gar mancherlei zu erzählen von Gefechten und Schlachten, die sich in früheren Jahrhunderten die Thiere geliefert haben sollen. So fand angeblich im Jahre 1438 bei Lüttich ein großer Kampf zwischen einer ungeheuren Menge von Geiern und Raben statt, in welchem die ersteren obsiegten. Im Jahre 1461 trugen in einem ähnlichen Gefechte, das bei Bene- vento in Süditalien sich entspannen hatte, die Raben den Sieg davon. Eine ungemein blutige und verlustreiche Schlacht fand 1587 an der kroatischen Grenze, unweit der Feste Wichatsch, zwischen mehr als einer Million Gänse und Enten statt. Die Einwohner von Wichatsch sollen sich an den Todten und Verwundeten dieser Schlacht krank gegessen haben. Adler sollen 1656 bei Danzig und 1662 bei Magdeburg gegeneinander gekämpft haben. Seltener sind die Schlachten zwischen den vierfüßigen Thieren. Nach einer französischen Chronik sollen 1580 auf einer Ebene Frankreichs eine ungeheure Menge Schweine einander bekämpft und getödtet haben.
So die wundergläubigen Chroniken. Besser bezeugt ist der Kamps zwischen Thieren, welchen unser Künstler schildert. W. Gräbheim zeigt uns die Rabenkrähe in einem Unterfangen, wie es öfters beobachtet wird. Ein Mäusebussard hat zur Abwechslung einmal einen jungen Hasen oder ein Kaninchen „geschlagen", d. h. gefaßt, und will sich mit seinem Raube in ein sicheres Versteck flüchten. Aber er hat die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Die schwarze Feldpolizei, die hat scharfe Augen / und wenn sie etwas mit Beschlag belegen kann, ist sie immer bei der Hand. Mit wüt-hendem Geschrei stürzen sich die Rabenkrähen auf den beutebeladenen Bussard — die Federn fliegen, er kann sich gegen den vereinten Angriff mit der schweren Bürde nicht wehren — seine Fänge öffnen sich — und unbehelligt kann er weiter streifen — während die schwarze Gesellschaft mit höhnenden Rufen dem Raube nach zur Erde schießt.
Wach der Kirchweih. (Zn dem Bilde S. 608 und 609.) Beim Schloßwirth in Oberhausen ist gestern gerauft worden. Tüchtig gerauft; denn die Oberhausener und die Bensberger waren hintereinander; da könnt' es unmöglich gut ausgehen, am wenigsten beim Kirchweihfeste. Seit Menschengedenken ist es hergebracht, daß die Oberhausener und die Bensberger am Kirchweihsonntag miteinander ins Gefecht' kommen. Es sind zwei blühende Ortschaften, dies Oberhausen und dies Bensberg,
in einem sonnigen, gesegneten Landstriche Westdeutschlands gelegen, am Fuße eines langgestreckten waldigen Höhenzugs. Sie könnten sich recht gut vertragen, die Bensberger und die Oberhausener; aber es liegt nicht in ihrem Temperament, sich zu vertragen. Abseits jener beiden Dörfer liegt noch ein drittes, Jckstätten genannt, welches in den Kämpfen zwischen Oberhausen und Bensberg meistens eine neutrale Stellung einnimmt, weil es zu klein ist, um eine genügende Anzahl streitbarer Jugend zu stellen. Dafür stellt das kleine Jckstätten in der Tochter seines Wirthes, der blonden Rosel, das schönste Mädchen im Umkreis von mindestens zehn Gemeinden. Auf diesen neutralen Boden haben sich heute die verwundeten Oberhausener Helden begeben. Dem einen ist gestern unversehens ein schwerer Steinkrug ans rechte Auge geflogen; dem andern wurde durch einen Hieb mit einem Zaunpfahl die linke Hand übel zugerichtet. Und nun sitzen sie da, der Georg und der Michel, bei der blonden Rosel und erzählen ihr, wie sie die Bensberger hinausgeprügelt haben aus dem Wirthshaus und aus dem Dorfe bis an die Brücke, die über den Bach führt, welcher die Oberhausener und die Bensberger Gemeindeflur scheidet. Die Rosel aber und das schwarzäugige Schenkmädchen, das hinter ihr steht, die horchen beide mit solcher Aufmerksamkeit, daß man wenig Vertrauen in ihre Neutralität jetzt. In dem Augenblicke wenigstens nehmen beide entschieden Partei sür die Helden von Oberhausen, was man ihnen auch nicht verargen kann. Denn bildhübsche Bursche sind sie, die beiden Verwundeten, und wenn die blonde Rosel einen von ihnen zum Manne nimmt, hat sie gewiß nicht unrecht. Der andere aber, der sie nicht bekommt, wird ohne Zweifel seinen Groll darüber nicht an seinem Freunde und Kriegskameraden auslassen, sondern — bei nächster Gelegenheit wieder an den Köpfen der Bensberger! H.
Kleiner Briefkasten.
3Vh. Di^S(adt Ulm hat^iach der^ZäbUlii.^ von 1885^3501
keine Wahl, als die Probe am mgenen Leibe zu machen/ ^ ^ Hb
I. K., Warschau. Da ist guter Rath wirklich theuer! Wir möchten Ihnen den unmaßgeblichen Vorschlag machen: lassen Sie Ihr Töchterchen ruhig noch eine Weile Kind
glauben in di» Hand geben zu können.
A. I. H„ Loschwitz bei Dresden. Ihre Wünsche betreffend Abbildungen von Helgo-
_.._._. ^___....»_......_ _
Inhart: Sonnenwende. Roman von Marie Bernhard (1. Fortsetzung). S. 597. — Ein Kampf in den Wolken. Bild. S. 601. --- Die Ostjaken. Von Alfred Edmund Brehm. S. 602. — Helgoland — Deutsches Land. S. 605. Mit Abbildungen S. 597 u. 605. — Ein Mann. Roman von Hermann Heiberg (9. Fortsetzung). S. 606. — Nach der Kirchweih. Bild. S. 608 u. 609. — Blätter und Blüthen: Ein Jubiläum. S. 612. — Ein Kampf in den Wolken. S. 612. (Zu dem Bilde S. 601.) — Nach der Kirchweih. S. 612. (Zu dem Bilde S. 608 und 609.) — Kleiner Briefkasten. S. 612.
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ZM- Auch in 75 L ie fer ung en zum Preise von 40 Pf. zu beziehen. (Alle 14 Tage eine Lieferung.) Bis jetzt erschienen: Lfg. 1 bis 67. dE Bestellungen werden jederzeit in beinahe allen Buchhandlungen angenommen. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich dire,t an die Dtt>llgSl>ll>stI»»g Ml Ettist Kttl'S tllllljslllgtt lll Leipzig.
Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil's Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.