daß mir, bis jetzt noch immerfort die „Zeit“ zugeht, und zwar natürlich gratis. Einen plausiblen Grund hat die Sache nicht; ich habe nichts weiter getan, als einmal auf Wunsch mein Urteil abzugeben, und also keinen Anspruch auf solches beneficium. Herrn M. direkt hab ich dergleichen nicht aussprechen wollen, weil es mir mißgedeutet werden könnte. Eigentlich sollte ich jetzt die Sache dadurch coupieren, daß ich abonnierte. Daß ich dies aber nicht tue, werden Sie erklärlich finden, da ich bereits „f-Zeitung“, „Spenersche Zeitung“,
„Montagspost“, „Kladderadatsch“ halte und mehr kaum noch lesen kann.
Übrigens ist die „Zeit“, seit sie Morgen- u. Abendblatt geworden, wesentlich verbessert, und solange sie sich nicht in der Lage befindet, ihr Format erheblich zu vergrößern, wird sich fürs Feuilleton und dergleichen Zeitungsdessert mehr, als jetzt, nicht füglich tun lassen; das ist daher kein Tadel!
Die „f-Zeitung“ halte ich, weil man diese Sorte im Auge behalten muß; in der „Spenerschen“ steht aber — von Politik abgesehen! — vieles, was in der „Zeit“ nicht stehen kann, wie ich eben deduzierte; diese beiden kann ich daher nicht aufgeben.
Ich will daher die „Zeit“ weder ausdrücklich refusieren, noch kann ich sie prätendieren; beides wäre gleichermaßen ridikül. Aber zur Sprache wollt ich’s bringen, damit Herr M. allenfalls zu Neujahr facite, wenn er will, den Hahn zudrehen kann. Ihr
Immermann.
Anakreon ist seit 19. d. M. in Nürnberg u. Stuttgart; inzwischen zieht sein hiesiger „Musikbruder“ für ihn um, nach Hirscheistraße 16, wieder 3 Treppen hoch. Der „Herd“ ist bereits nach „Schellingstraße 9“ verlegt, Irus und Ottowald errichten zu Michaelis ihren gemeinsamen Hausstand in der Bellevuestraße (ich glaube 7); sonderbar, daß Irus, als Katholik, von Dick sich scheidet und sich wieder mit Ottowald verheiratet! Dick hat wenigstens einen reichen Juden in sein Haus schon von Michaelis ab gekapert. Rubens schlenkert sich jetzt die Malerglieder in Thüringen aus, nachdem sein Friedrich-Joseph glücklich nach Nürnberg fort ist. Von Schenkendorf spurlos Schweigen! Nur keinen Herodes II!! Sorgen Sie beizeiten für Ihre Beiträge zur „Argo“ pro 1859; Sie dürfen nicht fehlen! Auch „tröpfelt’s“ bei Ihnen noch nicht, wie bei uns!
Berlin, 30. September 1857
Meine Frau rebelliert, weil ich die „Zeit“ fahren lassen will. Sie hat die Ambition, von ihrem Wirtschaftsgelde zu abonnieren! So ist allen Teilen geholfen und der Friede nach menschlicher Voraussicht gesichert.
Um Ihnen dies nachzutragen, fange ich ein neues Blatt an; aber auch noch, um mein mitleidiges Erstaunen anzuhängen über das stolze, völkerverachtende Albion, das jetzt sich von China muß Nasen drehen lassen und dem sein Indien wie Eis im Sommer zwischen den Fingern davonläuft.
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