W. Busch in Bonn.
anderen Fingern gegenüber steht. So klettert der Japanische Gaukler an dem Seile herauf, indem er es mit den Händen und Füßen erfaßt, mit den letzteren so, daß er es zwischen den beiden ersten Zehen ergreift. So sehen wir, wenn wir durch eine Stadt des Orients wandern und den vor feiner Bude in der Ausübung feines Handwerkes begriffenen Drechsler beobachten, wie dieser den Meißel zwischen den beiden ersten Zehen festklemmt. Bei den Anfängern findet der außerdem von der Hand gehaltene Meißel an diesem Punkte nur eine stützende Unterlage, die Geübteren halten aber einen schmalen Gegenstand so fest mit den Zehen, daß eine große Gewalt dazu gehört ihnen denselben zu entreißen. Auf demselben Mechanismus beruht die Fähigkeit der Maler, welche das Unglück haben, ohne Hände geboren zu fein, den Pinsel zu führen.
Will man untersuchen, wie der eigene Fuß gebaut ist, so taucht man denselben in ein Gefäß mit Wasser und schreitet über eine nackte Diele. Der nasse Abdruck des Fußes muß Folgendes zeigen: Die Ferse, den Ballen der großen und der kleinen Zehe und zwischen dem letzteren und der Ferse einen schmalen Saum, ferner den Abdruck der fünf Zehen, von denen die große sich etwas nach einwärts von der zweiten entfernt, die zweite alle übrigen etwas an Länge überragt. Dies ist der Fuß, welchen wir an den Bildwerken der Hellenen bewundern, die freilich die besten Vorbilder besaßen, da in der täglichen Uebung der Palästra und des Gymnasiums der Fuß sich irr der schönsten Weise entwickelte. In der gleichen Vollkommenheit sehen wir jetzt diesen Körpertheil nur noch selten und sicher nur dann, wenn der normal zur Welt gebrachte Fuß nicht durch unvernünftiges Schuhwerk verkrüppelt worden ist.
Was die Größe des Fußes anbetrifft, so herrscht fast allgemein das Vorurtheil, daß jeder Fuß absolut klein sein müsse; aber ebensowenig wie ein kräftig entwickelter Fuß zu einem grazilen Körper paßt, darf eine Heldengestalt aus ein zu schmales Piedestal gestellt werden. Unsere besten Lehrmeister in dem Reiche des Schönen, die Griechen, haben dies wohl empfunden, und jede Statue, welche zu der sogenannten Athleten-Gruppe gehört, also z. B. die Statuen des Hermes, Antinous, alle Ringer, Fechter u. s. w., zeigen eine beträchtliche Entwickelung des Knochengerüstes des Fußes.
Kehren wir nun zu dem nassen Fußabdrucke zurück, um die Fehler in dem Baue zu studiren, so müssen wir hier natürlich die gröberen Mißbildungen unberücksichtigt lassen und nur die leichteren Gebrechen in das Auge fassen. Der gewöhnlichste Fehler, welchen wir beobachten, ist, daß die Zehen sich nicht ordentlich und nicht in der richtigen Lage abdrücken, weil, wie wir gleich sehen werden, das stete Tragen von unzweckmäßigen Schuhen diese Theile zwingt in ihren Gelenken Verkrümmungen anzunehmen. Nächstdem ist die häufigste Abnormität, daß die Bänder zu schwach sind, um das Gewölbe gehörig zu stützen, so daß beim Auftreten der Fuß sich abflacht. Man sieht dann in dem Abdrucke statt des schmalen Streifens zwischen dem Ballen der kleinen Zehe und Ferse auch die innere Seite der Sohle sich mehr oder weniger vollständig abdrücken. Das schön geschwungene Gewölbe des Fußes geht verloren und damit die Elasticität und das Federn des Schrittes, indem der