Der Fuß und seine Bekleidung.
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welche durch den Stöckelschuh veranlaßt werden, indem wegen der Unsicherheit des Ganges das Umknicken des Fußes begünstigt wird, Dehnungen der Bänder, Brüche der Fibula u. s. w. wird wohl schon jeder Arzt beobachtet haben.
Aber auch abgesehen von diesen eigentlichen Unfällen, welche sich vermeiden ließen, wenn inan bei jedem Schritte und Tritte ansmerksam wäre, übt der Stöckelschuh einen schlechten Einfluß auf den Fuß und auf das Gehen.
Wenn wir ans der Mittellage des Fußes (rechtwinkelig zum Unterschenkel), die wir beim Stehen einnehmen, vorwärts schreiten, so erheben wir uns uneigentlich auf die Zehen, eigentlich auf die Köpfchen der Mittelfußknochen, indem wir den Fuß vom Boden gleichsam abwickeln. Die Hauptbewegungen finden dabei in den Zehengelenken und im Knöchelgelenke statt. Je freier diese Gelenke spielen, desto elastischer wird der Schritt, desto weniger ermüdend die Bewegung. Wenn wir nun unter dem Hinteren Theile des Fußes ein Gerüst anfbauen, so stellen wir je nach der Höhe desselben den Fuß mehr oder weniger in stumpfwinkelige Beugung zum Unterschenkel. Die Köpfchen der Mittelfußknochen find steil abwärts gerichtet und dem entsprechend biegen sich die Zehen ans die Rückseite, so daß bei einigermaßen hohem Absätze kaum noch ein Spielraum für die Bewegung in diesen Gelenken bleibt. Ebenso erlaubt der hohe Absatz dem Fuße im Sprunggelenke niemals in seine mittlere Lage wieder zurück zu kommen; und nur der Hintere Theil der Gelenkfläche des Sprungbeines kann für die Bewegung des Unterschenkels auf ihm benutzt werden. Hierdurch erleidet der Mechanismus unserer Gehwerkzeuge eine schwere Beeinträchtigung, denn während sonst sich der Fuß vom Boden, der Unterschenkel vom Fuße abrollt, muß jetzt das Bein mit fast steif gehaltenen Gelenken des Fußes vorwärts gesetzt werden, ohngeführ in der Bewegung, welche wir bei den Pferden das Steppen nennen. Der Gang erhält dadurch etwas Auffallendes, wenn man ihn mit dem gewöhnlichen Gange vergleicht; und da auffallend so oft mit schön verwechselt wird, so bürgerte sich dieser Stepperschritt in der Frauenwelt Europa's bald ein. Dem vollständig ausgebildeten Fuße einer erwachsenen Frau wird nun freilich wenig dadurch geschadet, abgesehen davon, daß die Trägerin des Schuhes keine weiten Strecken zurücklegen kann und daß sich in der Haut vor den Mittelfußköpfchen, welche jetzt dauernd durch die Last des Körpers gedrückt wird, recht unangenehme Schwielen bilden können.
Dagegen habe ich schon mehrfach hartnäckige Knieleiden durch die Ueber- anstrengung des Kniegelenkes und seiner Streckmuskeln, welche der Stöckelschuh veranlaßt, beobachtet. Die subjectiven Symptome waren stets mehr oder weniger heftige Schmerzen und Störung der Gebrauchsfähigkeit, die objectiven: geringer Wassererguß in das Gelenk, Rauhigkeiten der inneren Gelenkhaut und der .Knorpel, welche bei jeder Bewegung ein starkes Knarren des Gelenkes verursachten. In den schwersten Fällen war außerdem eine solche solche Jnsufficienz der Streckmuskeln vorhanden, daß die Patientinnen nicht im Stande waren, das Bein vollständig in der Luft zu strecken, während passiv die Streckung leicht gelang. Die Erklärung der Entstehung dieses Zustandes scheint mir