Linile Augier.
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dasselbe (Lomitz das das erfolgreiche Stück einstimmig zurückgewiesen hatte, bat ihn seht um das Manuscript seines nächsten Lustspiels. Das gemeinsame Loos aller Autoren, die zu glücklich debutirt haben, war auch Augier beschieden. Sein zweites Lustspiel, „Du lloiuius cks bivuch (18. November 1845) hatte keinen rechten Erfolg. Dasselbe ist in der That auch weniger ansprechend als der harmlose „Schierling", aber meines Bedünkens ungleich bedeutender. Der Titel ist natürlich ironisch gemeint; der „Biedermann" ist ein Schwindler, aber ein Schwindler eigenthümlicher Art, der nicht nur die Andern über's Ohr haut, sondern sich auch selbst betrügt, — ein Mann, der seine eigenen Vortheile auf die unerlaubteste Weise wahrnimmt, indessen sich selbst einredet, daß diese Weise eine erlaubte sei, vorausgesetzt, daß er uicht unmittelbar mit der Sache zu schaffen habe; der es mit den Grundsätzen seiner Moral für vereinbar hält, daß sich andere zu seinem Vortheil die Hände beschmutzen, wenn er sich selbst nur die Hände sauber erhält; der beständig moralische Lehren im Munde führt und sich weiß macht, daß er seine Handlungsweise mit den Geboten der strictesten Moral in Einklang zu bringen vermag, — mit einem Worte: ein Schwindler und ein Selbstbeschwindler. Es ist der
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Der Schlußvers des Lustspiels zeigt den Mann am besten. Nach allen kleinen und grvßen Schurkereien, die der Brave verübt, ruft er, nachdem er sich überzeugt hat, daß sich nun doch alles zum Besten wendet, triumphirend aus,
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Das Stück hatte das eigeuthümliche Schicksal, daß die Ironie zunächst gar nicht verstanden wurde. Man hielt den Helden, der so achtungswerthe Dinge sagt und allen seinen Handlungen eine sittliche Basis unterschiebt, für einen sittlichen Menschen; und als man sich allmählich überzeugen mußte, daß u:an einem ganz gefährlichen Individuum gegenüberstand, gab man seinem Mißvergnügen einen deutlichen Ansdruck. Der letzte Act des Lustspiels wurde ganz entschieden abgelehnt.
Augier ließ sich nun die nöthige Zeit und erschien erst drei Jahre daraus mit einem neuen Drama, „D'^vtzuturisre", 10. April 1848. Die Heldin dieses Schauspiels, das den Ruf des Dichters wesentlich befestigen und eine seiner interessantesten Eigenschaften, die in „Da OiZus" noch gar nicht, in „Du llouuus cks bisu" nur in sehr discreter Weise herangetreten war, in ein Helles Licht rückte, — ich meine die Kühnheit, die sich in seinen späteren Werken bis zur Verwegenheit steigern sollte — Elorinde ist die reuige Courtisaue, der sich die Gelegenheit bietet, ihre unreine Vergangenheit auszuwischen und in normale Verhältnisse, in eine geachtete Familie einzutreten. Man hat Clorinde eine ältere Schwester der „Kameliendame" genannt, und die Beiden habeil auch eine gewisse Familienähnlichkeit; nur ist die Heldin des Augier'schen Schauspiels viel weniger sentimental und viel menschlich wahrer. Angier läßt die Wandlung in seiner Heldin nicht durch die reine