Otfried Keiler (Berlin)
Wir können weder auf die Entdeckungen der Wissenschaft, noch auf die Entdeckungen der Künste verzichten.
K. Hager
Und vor allem sollen wir, wie der Stechlin uns lehrt, den großen Zusammenhang der Dinge nie vergessen.
Th. Fontane
50 Jahre Fontane-Archiv in staatlichem Besitz
Am 18. Dezember 1935 wurde das Fontane-Archiv als eine staatliche Einrichtung der Brandenburgischen Provinzialverwaltung begründet. Sein erster Leiter, Hermann Fricke, und andere Mitarbeiter konnten bis zum Jahre 1941 verdienstvolle Studien im engen Kontakt mit Friedrich Fontane, dem jüngsten Sohn Theodor Fontanes, vornehmen. Er starb im September. Im selben Monat dringen die faschistischen Armeen in die Sowjetunion ein, waren viele Staaten Europas wie die Tschechoslowakei und Polen, Dänemark und Norwegen, Teile Frankreichs und der Benelux- Staaten bereits unterjocht. Seit August 1940 wurden englische Städte zerbombt, und die Annexion Jugoslawiens und Griechenlands strebte ihrem Höhepunkt zu. Namhafte Fontane-Forscher waren aus Deutschland vertrieben worden, jüdische Korrespondenzpartner des Dichters (wie Friedlaender) wurden an versteckter Stelle zitiert, „völkische“ Töne schlichen sich in die Publikationen ein.
Nicht nur Bücher haben ihre (historischen) Schicksale. Als der Krieg zurückschlug, mit den Bombengeschwadern der Alliierten, bald darauf mit den geschlagenen deutschen Armeen über die ehemaligen Landesgrenzen zurückkam, war auch das Schicksal der wertvollen Fontane- Autographen vorgezeichnet. In Kisten verpackt, sollten sie im Keller eines Arbeiterwohnheimes bei Müncheberg bewahrt werden. Nach den Kampfhandlungen, als die Soldaten nach Berlin weitergezogen waren, bemächtigten sich dunkle Elemente der Schätze, wurde unersetzbares Kulturgut geplündert, verschleppt und bald darauf auf den schwarzen Märkten zum Verkauf angeboten.
Die Rettung der verbliebenen Bestände, der grundlegende Neuaufbau des Archivs, die Vergrößerung der ehemaligen Teilsammlungen und die Entwicklung hin zu einem Zentrum der internationalen Fontane-Forschung ist untrennbar mit dem Namen seines neuen Leiters, mit Bibliotheksrat Joachim Schobeß verbunden. Der Erfolg seiner leidenschaftlich betriebenen Bemühungen war und ist gebunden an das prinzipielle Interesse, das die Vertreter der neuen Staatsmacht in der Deutschen Demokratischen Republik dem Projekt gegenüber bezeugten. Zu seinem 75. Geburtstag zeichnete die Regierung der DDR den verdienstvollen Bibliothekar mit dem Vaterländischen Verdienstorden aus. Zu allen Zeiten nach 1945, unter wechselnden Aspekten, erfuhr das humanistische Erbe des Schriftstellers Theodor Fontane eine hohe Wertschätzung. Um die Wirkungen
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