Heft 
(1878) 17
Seite
265
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^ ^ Erscheint wöchentlich und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 2 Mark zu beziehen.

V j Kann im Wege des Buchhandels auch in Heften bezogen werden.

XIV. Jahrgang. Ansgrgelirn am 26. Januar 1878. Der Jahrgang läuft NM Waller 1877 bis dahin 1878. 18?8. 1?.

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Wor dem Sturm.

Historischer Roman von Theodor Fontane.

lFortsetzung.)

Nachdruck verboten. Ges. v. ll./VI. 70.

! VIII. Hoppenmarieken.

! Hoppenmarieken wohnte auf demForstacker", an dessen

! Rande sich, seit hundert Jahren und länger, eine ans bloßen Lehmkathen bestehende Straße gebildet hatte. Diese Straße,

! von den Hohen-Vietzeru immer als etwas Fremdes angesehen,

^ stand rechtwinklig zu dem eigentlichen Dorf, nahm hundert Schritt hinter dem Mühlengehöft ihren Anfang und stieg hügclan, in Parallellinie mit der mehr erwähnten, die Auf­fahrt zum Herrenhause fortsetzenden Nußbaumallee. Es war das Armenvicrtel von Hohen-Vietz, zugleich die Unterkunfts­stätte für alle Verkommenen und Ausgestoßenen, eine Art stabil gewordenes Zigeunerlager, das Abgang und Zuzug erfuhr, ohne daß sich die Dorfobrigkeit im Einzelnen darum gekümmert hätte. DerForstacker war immer so." So ließ man es gehen, und griff nur ein, wenn grober Unfug eine Bestrafung durchaus erforderte.

Wie der moralische Stand des Forstackers, so war auch seine Erscheinung. Die Hütten seiner Bewohner unterschieden sich von den in Front und Rücken derselben stehenden Kosen in nichts, als in dem Herdrauch, der aus ihren Dächern auf- wirbelte. Der Schnee, der jetzt alles überdeckte, stellte vollends eine Gleichheit her.

In der letzten, schon auf halber Höhe des Hügels ge­legenen Lehmkathe, wohnte, womit wir unser Kapitel begannen, Hoppenmarieken. Die Kosen fehlten; statt dessen faßte ein Heckenzaun das Häuschen ein, welches letztere nach vorn hin eine-Thür und ein Fenster, sonst aber nirgends einen Eingang oder eine Lichtöffnung hatte. Ein Würfel mit blos zwei Augen. Das Innere bestand aus wenig Räumen. Der Flur, der nach hinten zu zugleich die Kochgelegenheit hatte, war eben so schmal wie tief, dazu völlig dunkel; in Sommerszeit aber erhielt er Licht durch die offen stehende Thür, während im Winter das auf dem Herd brennende Feuer aushelfen mußte. Neben dem Flur lag die Stube; hinter dieser der Alkoven.

Xiv. Jahrgang. 17 . I.

So war Hoppenmariekens Haus. Wer aber war Hoppen­marieken?

Hoppenmarieken war eine Zwergin. Wo sie eigentlich her­stammte, wußte niemand mit Bestimmtheit zu sagen. Die älteren Hohen-Vietzer erzählten, daß sie vor etwa dreißig Jahren ins Dorf gekommen und als eine halbe Landstreicherin, wie manche andere vor ihr und nach ihr, mit wenig günstigen Augen an­gesehen worden sei. Der damals lebende Gutsherr aber, Berndt von Vitzewitzs Vater, habe Mitleid mit ihr gehabt und die entgegen stehenden Bedenken mit der halb scherzhaften Be­merkung niedergeschlagen:Dafür haben wir den Forstacker." Schon damals, so hieß es, habe sie so ausgesehen wie jetzt, ebenso alt, ebenso häßlich, habe dieselben hohen Wasserstiefel, dasselbe Kopftuch getragen, und sei, damals wie heute, schon aus weithin kennbar gewesen durch den rothen Friesrock, die Kiepe auf ihrem Rücken und den mannshohen, krummstab­artigen Stock in ihrer Hand.

Hoppenmarieken, so viel stand fest, hatte sich seitdem auf dem Forstacker eingebürgert, und war in der ganzen Südhälfte des Oderbruchs die allergekannteste Person. Dafür sorgte neben ihrer Erscheinung auch ihr Geschäft. Sie hatte deren mehrere. Zunächst war sie Botenläuferin. Dreimal die Woche, wie immer auch Weg und Wetter sein mochte, brach sie, je nach dem Posten­gange, früh morgens oder spät abends auf, empfing Briefe, Zeitungen, Pakete und kehrte zwölf Stunden später, sei es von Frankfurt oder von Küstrin, nach Hohen-Vietz zurück. Und dieser Botendienst, wie er sie überall bekannt gemacht hatte, machte sie schließlich, trotz allem was dann und wann gegen sie laut wurde, auch wohlgelitten. Jedes freute sich, Hoppen­marieken über den Hof kommen und durch eine eigenthümliche Bewegung ihres Stockes, die etwas tambour-majorhaftes hatte, angedeutet zu sehen:Ich bringe Neuigkeiten." Alle Land­posten sind wohlgelitten.

Diese Botendienste bildeten aber nur die Basis ihrer