Heft 
(1878) 26
Seite
410
Einzelbild herunterladen

- 410

ä. Olsoks, 8'iiäi'688Wt ü tVMüsr 1ni'8t:

E'sMitäü 1s inorasnt äs soulsvsr 1a Luisss;

1u lics psi'äu; va., tuis, roäouts 1s supplios;

0i'Li^8 (ässlsr, inöras atzssnt; tu u'ävitsrus x>U8 l'osil äs 1u t^ruuiüs, uttuoä.6 Zur tss xus;

VistMs suu8 äouusui-' äs 1'uiuitis traüis,

4vss Islt st NsloütÜLl sru1u8 äs psrärs 1u vis sts.

4. liiuuis oouixoss pour 2 vio1ou8 st 1 Mts pnr N. dllppisr.

1,6 Lous-Oirsetsui- Ir. luultisi». liupriius pur 1. I^ottsloliu, rslisur, lidruirs st säitsur L Lirsü-Oosi-it^.*)

Die Mehrzahl der Anwesenden war mit dem Studium des Zettels noch nicht bis zur Hälfte gediehen, als das Zeichen mit der Klingel gegeben wurde. Nippler klopfte mit der steifen Papierrolle auf das Podium, und sofort begannen die Violinen ihr Werk; jetzt fiel die Flöte ein, während von Zeit zu Zeit desBasses Grundgewalt" dazwischen brummte. Nun war es zu Ende, Nippler trocknete sich die Stirn, und die Gardine öffnete sich. Melpomene stand da.

EinAh!" ging durch die ganze Versammlung, so von Herzen, daß auch einer zaghafteren Natur, als der Kathinkas, der Muth des Sprechens hätte kommen müssen.

Ehe sie begann, fragte Nutze leise den neben ihm fitzenden Baron Pehlemann:Was stellt sie vor?"

Melpomene."

Aber hier steht ja Prolog."

Das ist ein und dasselbe."

Ah, ich verstehe," flüsterte Nutze mit einem Gesichtsaus­druck, der über die Wahrheit seiner Versicherung die gegrün­detsten Zweifel erlaubte.

Kathinka trat einen Schritt vor. Sie trug ein weißes Gewand, an dem sich die Drapirungskunst Demoiselle Alcestens glänzend bewährt hatte, und stemmte ein hohes grüneingebun­denes Notenbuch auf dessen beide Deckel eine Abschrift der zu sprechenden Strophen aufgeklebt worden war mit ihrer Linken gegen die Hüfte. Die Rechte führte den Griffel. So sah sie einer Klio ähnlicher als einer Melpomene. Ruhig, als ob die Bretter ihre Heimat wären, das Auge abwechselnd auf die Versammlung und dann wieder auf das anshelfende Noten­buch gerichtet, sprach sie:

Ihr keimt mich! Einst ein Götterkind der Griechen,

Irr' ich vertrieben jetzt von Land zu Land,

Und Unkraut nur und Moos und Epheu kriechen Hin über Trümmer, wo mein Tempel stand;

Ach oft in Sehnsucht droh' ich hinzusiechen Nach einem dauernd-heimatlichen Strand

Raststätten nur noch hat die flüchtge Muse,

Der liebsten eine hier, hier in Schloß Guse.

*) Schloßtheater zu Guse.

Donnerstag, 31. Dezember 1812.

Die Vorstellung beginnt um 9 Uhr.

1. Ouvertüre, unter Leitung des Cantors, Hrn. Nippler in Guse, ausgeführt von drei Violinen, einer Flöte und einem Baß.

2. Prolog.

3. Debüt des Frl. A. B. Verschiedene Scenen aus Wilhelm Teil, Tragödie in fünf Akten von Le Mierre.

n. Clsofs, Teils Frau, zu ihrem Gatten:

Warum denn thust Du so geheimnißvoll mit mir und verbirgst Dich vor mir wie vor einer Fremden? d. Clsofs zu Geßlers Wache:

Ich will meinen Gatten sehen, Ihr haltet mich vergeb­lich zurück.

c. Clsofs zu Geßler:

Was, Geßler! wenn ich einen Sohn Dir vorführe re. ä. Clsofs zu Walther Fürst:

Da war es Zeit, die Schweiz zum Aufstande zu reizen, Du hast sie verpaßt; geh, flieh, fürchte die Strafe; fürchte Geßler sogar, da er abwesend ist; Du wirst dem Auge der Tyrannei nicht entgehen, das sich an Deine Fersen heftet; Opfer, ehrlos verrathen von der Freundschaft, fürchte sammt Teil und Mclchthal das Leben zu ver­lieren :c.

4. Finale für zwei Violinen und eine Flöte von Hrn. N. componirt.

Der Uuterdirektor Dr. Fa ul stich.

Gedruckt von Nottebohm, Buchbinder, Buchhändler und Redakteur in Kirch-Göxitz.

Und fragt ihr nach dem Loose meiner Schwestern?

Die meisten bangen um ihr täglich Brot,

Thalia spielt in Schenken und in Nestern Und gar Terpsichore, sie tanzt sich todt;

So schritt ich einsam, als sich mir seit gestern In meinem Liebling der Gefährte bot,

Ihr kennt ihn, und herzu zu diesem Feste Bring' ich das beste was ich Hab': Alcestc.

Hier unterbrach sie sich einen Augenblick, wandte mit vieler Unbefangenheit das Notenbnch um, so daß der Rückdeckel, auf dem die Schlußstrophe stand, nach oben kam, und fuhr dann fort: Sie wünscht euch zu gefallen. Ob's gelinget,

Entscheidet ihr; die Huld macht stark und schwach;

Und wenn ihr Wort euch fremd im Ohre klinget,

Dem Fremden eben gönnt ein gastlich Dach.

Empfanget sie, als ob ihr mich empfinget,

Ihr Vitzewitze, Drosselstein und Krach,

Mein Sendling ist sie, wollt ihm Beifall spenden,

Ich habe keinen zweiten zu versenden.

Die Gardine fiel. Lebhafter Beifall wurde laut, am lautesten von Seiten Nutzes, der einmal über das andere ver­sicherte, daß er nun völlig klar sehe und Faulstich bewundere, der dies wieder so fein eingefädelt habe. Der einzige, der bei dem kleinen Triumphe Kathinkas in Schweigen verharrte, war Lewin. Die Sicherheit, mit der sie die nur flüchtig gelernten Strophen vorgetragen hatte, hatte ihn inmitten seiner Bewun­derung auch wieder bedrückt.Sie kann alles, was sie will," sagte er zu sich selbst;wird sie immer wollen, was sie soll?"

In dem Reichbeanlagten ihrer Natur, in dem Uebermuth, der ihr daraus erwuchs, empfand er in schmerzlicher Voraus­ahnung, was sie früher oder später von einander scheiden würde.

Die Pause war um, die Violinen intonirten leise, nur um anzudeuten, daß die nächste Nummer im Anzuge sei. Aller- Blicke richteten sich ans den Zettel:Lesnss prisss äs (luil Inurus Bsll. Erste Scene: 61sotv, sporiss äs 4411, s'närsssnnl ä, soll umri." Im selben Augenblicke öffnete sich die Gardine. Eine Hintergrundsdekoration, die Berg und See darstellte, hatte sich jetzt vor den griechischen Tempel geschoben, das Kuhhorn erklang, und dazwischen läuteten die Glocken einer Herde. So verändert war die Scene; aber veränderter war das Bild, das innerhalb derselben erschien. An die Stelle der jugendlichen Gestalt in Weiß trat eine alte Dame in Schwarz: Mademoiselle Alceste, die die Kostümsrage mit äußerster Geringschätzung behandelte und das schwarze Seidenkleid, ihr eines und alles beibehaltend, sich damit begnügt hatte, durch einen langen Hirtenstab und einen den Guseschen Gewächshäusern entnom­menen Rhododendronstrauß das Schweizerisch-Nationale, durch ein Barett mit blinkender Agraffe aber den Stil der großen Tragödie herzustellen. DasAh!" der Bewunderung, das Kathinka empfangen hatte, blieb ihr gegenüber aus, aber sie achtete dessen nicht, aus langer Erfahrung wissend, daß der Ausgang entscheide, und dieses Ausgangs war sie sicher.

Sie sprach nun, jedes falsche Echauffemeut vermeidend, erst die den Gatten um Mittheilung seines Geheimnisses beschwö­renden Worte:porrrguoi ckons nüsotsr nvse irioi es w^stsrs?" dann in rascher Reihenfolge die nur kurzen Sentenzen, die sich abwechselnd an die Geßlerschen Knechte, und zuletzt an Geßler selbst richteten. In jedem Worte verrietst sich die gute Schule, und bei Schluß dieser dritten Scene durfte sie sich ohne Eitel­keit gestehen, daß sieihr Publikum in der Hand habe".

Aber die vierte Scene: (Mols s närsssant ü Wflttllsi- lArst" stand noch aus. Tante Amslie, die das Stück in allen seinen Einzelheiten kannte, versprach sich gerade von diesen Zornesalexandrinern einen allerhöchsten Effekt und äußerte sich eben in diesem Sinne gegen Drosselstein, als die Regisseur­klingel hinter dem Vorhang den Fortgang des Spieles anzeigte.

Aber wer beschreibt das Staunen aller, zumeist der Gräfin selbst, als jetzt bei dem sich Wiederöffnen der Gardine statt Clöosss ein verwandtes und doch wiederum wesentlich ver­ändertes Bild auf sie niederblickte. Was bedeutete diese neue Gestalt? Nur einen Augenblick schwebte die Frage. Der Hirten­stab, der Rhododendronstrauß, das Barett mit der Agraffe waren abgethan, und ein kurzer Rock mit grünem Kragen, der wenig­stens die obere Hälfte des schwarzen Seidenkleides verdeckte,