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Franz Fabian (Potsdam)
Die Geschichte vom alten Birnbaum
Abdruck aus dem Buch „An der Havel und im märkischen Land" von Franz Fabian (Brockhaus Verlag, Leipzig).
Wohl kaum ein anderer Ort in der Mark Brandenburg ist durch Fontane so populär geworden, wie das kleine Dorf Ribbeck an der Fernverkehrsstraße 5. Hat man, von Potsdam kommend, Nauen hinter sich gelassen, so taucht etwa neun Kilometer hinter dieser Stadt ein Ortsschild auf: „Ribbeck, Kreis Nauen, Bezirk Potsdam". Fontanefreunde und -kenner werden sich dabei sofort an sein wohl bekanntestes Gedicht erinnern:
„Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand.
Und kam die goldene Herbsteszeit Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.
Und kam in Pantinen ein Junge daher.
So rief er: .Junge, wiste 'ne Beer?'
Und kam ein Mädel, so rief er: ,Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ich hebb 'ne Bim.'"
Und als Herr von Ribbeck sein Ende fühlte, da wünschte er sich, daß man ihm eine Birne mit ins Grab legen sollte. Drei Tage später starb er dann, und als man ihn zu Grabe trug, da klagten die Kinder: „He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?"
„So klagten die Kinder, das war nicht recht —
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart.
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was er damals tat.
Als um eine Birn' ins Grab er bat.
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus."
Der Baum wuchs heran, wurde groß, und kam nun in der Herbstzeit ein Junge über den Kirchhof:
„ ... So flüstert's im Baume: .Wiste 'ne Beer?'
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: ,Lütt Dirn,
Kumm man röver, ich gew di 'ne Birn.'"
Soweit die Fontanesche Ballade. — Wir hatten beschlossen, der Legende vom Ribbecker Birnbaum nachzugehen. Aber man sucht vergeblich in Fontanes
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