Anmerkungen
1 Fritz Behrend, Aus Theodor Fontanes Werkstatt (Berlin; H. Berthold Privatdrucke, 1924).
2 Hans Werner Seiffert, Untersuchungen zur Methode der Herausgabe deutscher Texte (Berlin; Akademie, 1963) sah die begrifflichen Probleme, wich ihnen aber aus, statt sie zu lösen, S. 42;
Offenbar sind die Begriffe .Entstehung' und .Überlieferung' in Verbindung mit dem Begriff .Variante' nicht geeignet, den Sachverhalt genügend auszudrücken, schon deshalb nicht, weil Entstehungsvarianten auch überliefert sind.
Es bietet sich also von selbst an, die Frage von einem anderen Ausgangspunkt her zu stellen:
Handelt es sich um vom Autor gewollte oder um nicht gewollte Veränderungen seines Textes?
3 Domenico Mugnolo, Vorarbeiten zu einer kritischen Fontane-Ausgabe, mit einem Vorwort von Otfried Keiler (Berlin; Beiträge der Deutschen Staatsbibliothek, Nr. 3, 1985).
4 Die bekannteste Stelle steht in einem Brief an Emilie Fontane vom 14. Mai 1884 aus Hankeis Ablage:
Trotz starken Abattu-seins hab' ich auch heute wieder mein Kapitel geschrieben {. . .] In der Regel steht Dummes, Geschmackvolles, Ungeschicktes neben ganz Gutem und ist Letztres nur überhaupt da, so kann ich schon zufrieden sein. Ich habe dann nur noch die Aufgabe es herauszupulen. Dies ist zwar mitunter nicht blos mühsam, sondern auch schwer, es giebt einem aber doch eine Beruhigung zu wissen 'ja, da ist es, suche nur und finde.' Meine ganze Produktion ist Psychographie und Kritik, Dunkelschöpfung im Lichte zurechtgerückt. (zit. aus Th. F., Werke, Schriften und Briefe, Abt. IV {München; Hanser, 1980], III, 319)
Daher ist die Kombination .Psychographie und Kritik“ geläufig, aber wird trotzdem hier nicht verwendet, denn mit .Kritik' wird zweierlei gemeint: einmal inhaltliche Kritik an der geschilderten Welt, aber auch ein dichterischer Vorgang, der sonst beinah immer als .Correktur" bezeichnet wird. Überhaupt fehlt diesen Äußerungen eine wissenschaftliche Konsequenz, wie hier an Paul Schlenther am 13. Juni 1888:
Ich schreibe alles wie mit einem Psychographen (die grenzenlose Düftelei kommt erst nachher) und folge, nachdem Plan und Ziel mir feststehen, dem bekannten .dunklen Drange", (ebenda, S. 611)
oder auch hier am 2. März 1895 an Hans Hertz über Effi Briest:
Vielleicht ist es mir so gelungen, weil ich das Ganze träumerisch und fast wie mit einem Psychographen geschrieben habe. Sonst kann ich mich der Arbeit, ihrer Mühe, Sorgen und Etappen, erinnern — in diesem Falle gar nicht. Es ist so wie von selbst gekommen, ohne rechte Überlegung und ohne alle Kritik, (ebenda, IV, 430) obwohl er sich gegenüber Schlenther am 11. November 1895 etwas differenzierter ausdrückte: Ich habe das Buch wie mit dem Psychographen geschrieben. Nachträglich, beim Corrigieren, hat es mir viel Arbeit gemacht, beim ersten Entwurf gar keine. Der alte Witz, daß man Mundstück sei, in das von irgendwoher hineingetutet wird, hat doch was für sich und das Durchdrungensein davon läßt schließlich nur zwei Gefühle zurück: Bescheidenheit und Dank, (ebenda, IV, 502)
Spätestens zehn Tage danach begann Fontane am Stechlin zu schreiben — ja, möglicherweise hatte er schon damit begonnen.
5 Ursprünglich wollte Fontane die Arbeitshandschriften nach seinem Tode vernichten lassen und wurde erst von seiner Familie und dem Anwalt Paul Meyer umgestimmt, als er im Februar 1892 sein Testament aufsetzen ließ. Wenige Wochen danach setzte jene psychosomatische Krise ein, die ihn beinah zum geistigen Krüppel machte und erst beim Schreiben von Meine Kinderjahre überwunden wurde. Vgl. Verf., .Meine Kinderjahre: die Brücke zwischen Leben und Kunst", in Fontane aus heutiger Sicht, Hrg. Hugo Aust (München; Nymphenburger. 1980), S. 143-182.
6 Julius Petersen, .Fontanes Altersroman', Euphorion 29 (1928), S. 1—74. Bei aller Kritik bin ich dieser Studie stark verpflichtet, die ausführliche Recherchen zu u. a. Reichstagsersatzwahlen und der christsozialen Bewegung enthält.
7 . Abgedruckt ist dieses Fragment im 34. Band der Nymphenburger Ausgabe (München, 1975) und im 5. Band der Hanser Ausgabe, allerdings — auch in der 3. Auflage — unter der irrtümlichen Überschrift .Sommerbriefe aus dem Havelland".
8 S. o., Anm. 4, 4. Zitat. Ähnlichkeiten zwischen dieser Argumentation und relevanten Stellen in dem bald erscheinenden Buch von Wolfgang Paulsen, Theodor Fontane, Das Werk im Spiegel seines Lebens (Bern: Lang, 1987), sind keineswegs zufällig.
9 .Der Meditationsstuhl und eine Bronzehand', Der Bär von Berlin, Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins 23 (Berlin, 1974), S. 70—78.
10 Vgl. Anm. 1, Behrend, S. 8.
11 Vgl. Anm. 2, Seiffert,, S. 164.
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