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Ueber Land und Weer.
ordnung vorgeschlagen, und obwohl Abgeordneter Rickert darauf hinwies, daß eine solche Art der Erledigung den bereits auf diesem Gebiete gemachten Konzessionen des Ministers zuwiderliefe, blieb es bei der einfachen Tagesordnung. Das sind Dinge, die eine recht deutliche Sprache reden. Wenn die Frauen in dem eingangs dieses Aufsatzes erwähnten Aufruf also auch an politische Rechte der Frauen gedacht haben sollten, für die vor den Reichstagswahlen Stimmung gemacht werden soll, so sind sie von Voraussetzungen ausgegangen, die bei der Regierung keineswegs zutreffen, und mit denen sich das deutsche Volk in seiner übergroßen Mehrheit durchaus nicht befreunden kann und wird.
Die Zeiten mögen sich ändern, andre Anschauungen und Verhältnisse an die Stelle des Verbrauchten und Ueber- lebten treten; es giebt aber gewisse feststehende Anschauungen, die als treu überliefertes Erbe von Geschlecht zu Geschlecht gehen und jeder Generation als ein unveräußerlicher sittlicher Besitz gelten. Wie die Begriffe Gott, Unsterblichkeit, Staat und andre in allem Zeitenwechsel sich ihren sicheren begrifflichen Inhalt erhalten haben, so wird auch der Begriff der „Weiblichkeit" stets seine ganz bestimmte Signatur tragen, und mit dieser ist die thätige Anteilnahme der Frauen am politischen Leben schlechterdings nicht zu vereinbaren. Hier zeigt sich im rollenden Wechsel das Bleibende und Dauernde, das allen vorübergehenden Strömungen festen Widerstand entgegensetzt.
Ritornelle.
Von
^Uunte Ritornelle:
sind wir Jungen für komische Leute! Unser ganzes Leben scheint eine Novelle.
Ihr Mädchen daheim!
Wie könnt ihr lachen, wie könnt ihr küssen!
Und wir Jünglinge schmieden Reim aus Reim.
Der Schnurrbart wächst:
Im Hapierkorb liegen längst die Gedichte.
Das Leben diktiert den prosaischen Text.
Sorgen über Sorgen!
„wenn du, liebes kserz, heut fröhlich bist,"
So fragt der Kopf, „was wird aus uns morgen?"
Und die Stunde kommt einem jeden,
Der Roxf erläßt einen strengen Befehl:
„Das kserz hat nicht weiter mitzureden!"
Mannesalter.
kserz und Kops vertragen sich wieder Und tummeln sich lustig wie zwei Falter.
Der Kopf wird grau:
„Soll ich es wagen? Soll ich es lassen?
Ich frage erst meine liebe Frau."
Bunte Ritornelle:
Wie ist das Leben doch wunderlich!
Zum Schluß wird's wieder eine Novelle.
SWZ
Mne Sommerfrische am Vrenner.
Text und Abbildungen bon Ernst HNaH.
H^oderner Touristenverkehr, so wenig er auch der Er- Haltung der Ursprünglichkeit einer Gegend und ihrer Bewohner förderlich ist, hat doch sicher das Gute, daß er nicht nur abgelegenen Orten zu Bedeutung und Wohlhabenheit verhilft, sondern auch so manch alten Handelsplatz, der durch die Verkehrsmittel der Neuzeit dem Niedergang verfallen schien, neuer Blüte zusührt. Besonders dann, wenn ein solcher Ort, wie dies bei der alten Stadt Sterzing an der Brennerbahn der Fall, nicht nur Brennpunkt einer Anzahl der begangensten Touristenwege geworden ist, sondern auch in hohem Maße die Reize und Bequemlichkeiten einer interessanten Sommerfrische bietet und dabei doch noch genug von seiner Ursprünglichkeit bewahrt hat, um sich von dem internationalen Stil so vieler andrer Sommerfrischen vorteilhaft zu unterscheiden.
Sterzing ist die höchstgelegene (948 Meter über dein Meer) und sicherlich eine der malerischsten Städte Tirols. Sogar seine Gasthöfe zeigen sich in der anheimelnden Form mittelalterlicher Bauten, ohne dabei den Komfort vermissen zu lassen, den Fremde im modernen Hotel zu finden gewohnt sind. Prächtige, farbenreiche Einkehrschilder erhöhen das interessante und heitere Bild, das ein Blick in die Hauptstraße vom einen oder andern Ende des Städtchens her bietet, und sogar die Neubauten einzelner Gasthöfe schließen sich in ihrem wohlgefälligen Stil sehr hübsch dem Gesamtbilde des ungemein sauberen, fast koketten Städtchens an; beides verträgt sich so gut nebeneinander wie die Versorgung der Stadt mit vorzüglichem Trinkwasser und der elektrischen Beleuchtung. Alles überragend baut sich in der Mitte der schlanke Zwölferturm als Wahrzeichen des „Städt- leins zu Sterzingen" auf, weithin kenntlich mit seinem Treppengiebel und als ehemaliges Stadtthor die Altstadt von der Neustadt trennend. Ganz reizend ist der ,Blick durch das Thor in die breite Straße der Neustadt mit dem vorspringenden Erker des Rathauses, das zugleich den nörd-