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Aelier oäand und Meer.
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öffnete die Kirche mit seinem Riesenschlüssel, und alle traten ein.
VI.
Gleich nach zwölf — Woldemar hatte sich, wie geplant, schon lange vorher, um bei Lorenzen vorzusprechen, voll den andern Herren getrennt — war Dubslav samt Rer und Czako von den: Globsower Ausfluge zurück, und Rex, seiner Mann, der er war, war bei Paffierung des Vorhofs verbindlich all die mit Zinn ausgelegte blanke Glaskugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen Produkte der eben besichtigten „grünen Glashütte", seine Ministerialaufmerksam- keit zu schenken. Er ging dabei so weit, von „Industriestaat" zu sprechen. Ezako, der gemeinschaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war mit allem einverstanden, nur nicht mit seinem Spiegelbilde. „Wenn man nur bloß etwas besser allssähe..." Rex versuchte zu widersprechen, aber Czako gab nicht nach und versicherte: „Ja, Rex, Sie sind ein schöner Mann, Sie haben eben mehr zuzusetzen. Und da bleibt denn immer noch was übrig."
Obeil auf der Rampe stand Engelke.
„Nun, Engelke, wie steht's? Woldemar lind der Pastor schon da?"
„Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Christel schicken..."
„Nein, nein, schicke nicht. Das stört bloß. Aber warten wollen wir auch nicht. Cs war doch weiter nach Globsow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es nicht weiter, bloß die Beine wollen nicht mehr recht. Und hat solche Anstrengung bloß das eine Gute, daß man hungrig und durstig wird. Aber da kommen ja die Herren."
Und er grüßte von der Rampe her nach der Bohlenbrücke hinüber, über die Woldemar und Lorenzen eben in den Schloßhos eintraten. Rex ging ihnen entgegen. Dubslav aber nahm Czakos Arm und sagte: „Nun kommen Sie, Hauptmann, wir wollen derweilen ein bißchen recherchieren und uns einen guten Platz aussuchen. Mit der ewigen Veranda, das is nichts; llilter der Marquise steht die Lust wie 'ne Mauer, und ich muß frische Lust haben. Vielleicht erstes Zeichen von Hydropsie. Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter sind sie doch ein Segen. Wenn ich so zwischen Hydropsie und Wassersucht die Wahl habe, bin ich immer für Hydropsie. Wassersucht hat so was kolossal Anschauliches."
Unter diesen Worteil waren sie bis in den Garten gekommen, an eine Stelle, wo viel Buchsbaum staild, dem Poetensteige gerad' gegenüber. „Sehen Sie hier, Hauptmann, das wäre so was. Niedrige Buchsbaumwand. Da haben wir Lust und doch keinen Zug. Denn vor Zug muß ich mich auch hüteil wegen Rheumatismus, oder vielleicht ist es auch Gicht. Und dabei hören wir das Plätschern von meiner Sanssouci-Fontäne. Was meineil Sie?"
„Kapital, Herr Major."
„Ach, lassen Sie den Major. Major klingt immer so dienstlich . . . Also hier, Engelke, hier decke den Tisch und stell auch ein paar Fuchsien oder was gerade blüht in die Mitte. Nur nicht Astern. Astern sind ganz gut, aber doch sozusagen unterm Stand und sehen immer aus wie 'n Bauern- garten. Und dann mache dich in den Keller und hol uns was Ordentliches herauf. Du weißt ja, lvas ich zum Frühstück am liebsten habe. Vielleicht hat Hauptmann Czako denselben Geschmack."
„Ich weiß noch nicht, um was es sich handelt, Herr von Stechlin; aber ich möchte mich für lieberem ftimmung scholl jetzt Verbürgen." (Fortsetzung folgt)
Sprüche.
Für den Adel der Menschheit spricht in der Welt Nichts so als kindliche Reinheit,
Wo sie unberührt sich und leuchtend erhält Mitten iin Sumpf der Gemeinheit.
Der Jugend will es schlecht behagen,
Sieht sie den Erfolg nicht in wenig Tagen;
Pflanzt das Kind einen Kirschenkern,
Hätt's morgen schon Baum und Früchte gern.
Ä. Et kr.
Arnold Moecklm.
In Wort und Bild
KcrrDo Woecktin.
Basel am 16. Oktober 1827 als Sohn eines Seiden- fabrikanten geboren, kam Arnold Boecklin schon mit drei Jahren in die Kreisschule, mit fünf in die Gemeindeschule und mit sieben aus das Gymnasium. Die Familie war eben mit Kindern reich gesegnet — vier Brüder und
Lehrern zu Reibereien — der Schüler konnte seine Vorgesetzten nicht verstehen, diese aber waren ihrerseits mit des Schülers Eigenart nicht einverstanden. Kurz, Arnold Boecklin mußte mit siebzehn Jahren die Allstalt verlassen, ohne schöne Erinnerungen an diese Zeit ins weitere Leben mitznnehmen.
Anders erging es ihm in der Zeichenschnle, die er ans besonderen Wunsch besuchen durfte — er hatte einmal seinem Vater ein günstiges Zeugnis vorgewiesen und dieser ihm die Wahl eines Wunsches freigestellt. Dort verstandeil sich Lehrer und Schüler besser; verschiedene kleine Medaillen waren der wohlverdiente Lohn.
Einmal aus der Schule, ging Arnold Boecklin trotz äußerlicher Schwierigkeiten — die Eltern hatten viel dagegen einzuwenden — hoffnnngsfrendig ans Zeichnen und Malen. Bald wurden farbige Ornamente für des Vaters Fabrik entworfen — Seide gewährt ja den mannigfaltigsten Farbenreichtum — bald Tanten, Cousinen und so weiter gezeichnet
lernen, und — „Calame bist du noch lange nicht," meinte sein Vater.
Da legte sich, dank einem günstigen Zufall, der Germanist Professor Wilhelm Wackernagel ins Mittel. Er hatte des Jünglings Maltalent erkannt und
Landschafter Schirmer nach Düsseldorf, und damit war der Schritt ins Weite gethan.
In Düsseldorf wurde fleißig Landschaft gemalt und nebenbei auch lustig gelebt, wenn auch die Gelder nur knapp bemessen waren. Rudolf Koller aus Zürich, der Tiermaler, war auch dabei. 1847 ging es nach Brüssel und bald darauf nach Antwerpen, wo der junge Künstler in den Museen nach alten Meistern, Rubens, van Dyck und andern, Zeichnete. Akademien und dergleichen hat Arnold Boecklin damals nicht besucht.
Nicht lange dauerte der Aufenthalt in Belgien, denn schon im Winter 1847 finden wir den jungen Maler in Genf. Hier mußte er schwer um den Lebensunterhalt
ringen, und er hatte sich schon für das Dufoursche Heer zur Bekämpfung des Sonderbnndes anwerben lassen, als er — glücklicherweise — krank wurde.
In Genf malte Boecklin einige kleine landschaftliche Bilder, und dabei ereignete sich eine köstliche Geschichte. Er hatte eine Phantasielandfchaft ausgestellt und daraufhin eine wutsprühende, vernichtende Kritik zu lesen bekommen. Der
Sie sind's ja daun wollen wir die Sache wieder gut machen."
Eine zweite Kritik siel auch weit günstiger aus.
Im Februar 1848 giug's über Basel nach Paris — der ausbrechenden Revolution in die Arme. Dort traf Boecklin auch einige Bekannte aus der Schweiz wieder, so den oben erwähnten Rudolf Koller und den Kupferstecher Werdmüller.
Schrecklich, zugleich aber auch gewaltig waren die Eindrücke der Revolution, in die der junge Mann wider Willen hineingezogen wurde. Mit dem Worte „Vene?" (Nehmt) zwangen ihm, der harmlos über die Straße wandelte, die Aufständischen einen Säbel in die Hand, und so mußte er, vom Strome mit fortgerisseu, an der Revolte teilnehmen. Bis in die Tuilerien hinein ging die tolle Jagd, voller hatte gleichfalls wider seinen Willen an der Seite Boecklins wacker mitgestürmt, ebenfalls schwer bewaffnet.