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Renate Gollmitz, Berlin
Max Herrmanns Korrekturen zur Erstausgabe von „Mathilde Möhring" (1908).
Das Heft 33/1982 der Fontane-Blätter würdigte durch einen Wiederabdruck ihrer ursprünglich 1910 erschienenen Fontane-Rezension die Germanistin Dr. Helene Herrmann, geb. Schlesinger, deren Lebensweg mit unbekanntem Datum 1944 in Auschwitz endete. 1 Auch ihr Ehemann Prof. Dr. Max Herrmann (1865—1942), der über vier Jahrzehnte an der Berliner Universität lehrte und an ihr die Theaterwissenschaft als Universitätsdisziplin etablierte, hat sich im Laufe seines Lebens wiederholt mit Fontane beschäftigt.
Ein interessantes Zeugnis dafür erhielt die Deutsche Staatsbibliothek 1988 zusammen mit handschriftlichem und anderem Nachlaßmaterial von Frau Dr. Ruth Mövius aus Mageburg geschenkt. Frau Dr. Mövius hatte diese Materialien zu Leben und Werk Max Herrmanns über die Zeit des Faschismus gerettet und sorgsam bewahrt. 2 Die Fontane-Arbeit Max Herrmanns, auf die hier hingewiesen wird, ist in einem Exemplar der vierten Auflage des Fontane-Bandes „Aus dem Nachlaß" enthalten.' 1 Sie betrifft den Roman „Mathilde Möhring", der im Jahre 1906 zuerst in Fortsetzungen in der „Gartenlaube" veröffentlicht wurde und in diesem Band erstmals als Buchausgabe vorlag. Die Ausgabe besorgte im Einvernehmen mit der Nachlaßkommission, in der auch die Familie Fontane vertreten war, der Journalist und Redakteur Dr. Josef Ettlinger. In dem vom Oktober 1907 datierten Vorwort äußert er sich auf Seite XIII über die Druckvorbereitung des 1891 niedergeschriebenen nachgelassenen Werkes. Er führt an, daß das Manuskript vom Dichter mehrfach bearbeitet wurde, daß es aber zu der beabsichtigten letzten Überarbeitung nicht mehr gekommen war: „Die Redaktion des Druckes beschränkte sich auf eine leichte Nachbesserung noch vorhandener stilistischer Flüchtigkeiten und auf die Feststellung des Textes an den ziemlich zahlreichen Stellen, wo der Dichter selbst sich zwischen mehreren von ihm niedergeschriebenen Lesarten noch nicht entschieden hatte."
Kaum ein Literaturwissenschaftler scheint sich in der Folgezeit ernstlich dafür interessiert zu haben, welche „Nachbesserungen" der Herausgeber vornahm und welche Kriterien er bei der Entscheidung für eine von mehreren Lesarten anwandte, denn über 60 Jahre lang wurde dieses charakteristische Fontane-Werk in der Ettlingerschen Fassung unverändert nachgedruckt, bis endlich Dr. Gotthard Erler 1969 in Band 7 der achtbändigen Fontane-Ausgabe des Aufbau-Verlages eine neue, authentische Fassung nach der Handschrift des Dichters vorlegte. Sie erschien 1971 im selben Verlag, mit Nachwort und Anmerkungen ausgestattet, auch separat als Buchausgabe. Dr. Erler deckte auf, daß Ettlinger nicht nur flüchtig, sondern auch eigenmächtig gearbeitet und sogar inhaltliche, tendenziöse Veränderungen vorgenommen hatte, die seinem, aber nicht Fontanes Gesellschaftsbild entsprachen.
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