Ernst Georg Bardey und Carl Blechen Möller 31 Noch am 17. September 1898 schrieb Fontane, auf der Suche nach Material für sein Buch Das Ländchen Friesack und die Bredows an Ferdinand Meyer: Da haben wir den berühmten Zootzenwald. Wie er jetzt ist, das kann ich mir ankucken; aber wo finde ich, wie er 1415 aussah, oder früher oder später? Wenn Büsching auf seiner Reise nach Kyritz aus dem Postwagen raussieht und fünf Zeilen über den Urwaldcharakter des Zootzenwaldes schreibt, so ist das, wie wenn ich von meinem Arbeitstisch aus die Sahara, die Pampas oder eine Prärie beschreibe. Lauter öde Redensarten mit einem Tuareg oder Botokuden oder Sioux dazwischen. All so was hilft mir nicht. Sonderbar, ich habe den meisten Vorteil immer aus unbekannten kleinen Broschüren gezogen, die, von einem Nichtschriftsteller geschrieben, in Rhinow oder Rathenow, Preis 50 Pf., erschienen waren. 29 Bardeys Geschichte von Stadt und Ländchen Friesack war so eine Broschüre. Es ist ein großes Glück, dass Fontanes Exemplar der Forschung jetzt wieder zur Verfügung steht. Carl Blechen – von 200 Blatt 10 doch nun schon wieder! Am 18. November 2019 traf die Mitteilung eines Auktionshauses im Fontane-Archiv ein, dass ein kleines Konvolut einer Handschrift Fontanes über Carl Blechen eingeliefert worden sei. Ob es sich dabei vielleicht um einen Teil des im Zweiten Weltkrieg verlorengegangenen Manuskripts des TheodorFontane-Archivs handeln könnte? Auch eine genaue Beschreibung der Blätter war beigefügt. Wie sich rasch herausstellte, handelte es sich eindeutig um einen Teil des verschollenen Blechen-Manuskripts Fontanes, das zu den seit 1945 vermissten Beständen des Fontane-Archivs gehört. 30 Das ließ sich mit Hilfe der maschinenschriftlichen Abschrift 31 und anhand des Aufsatzes von Hermann Fricke zeigen, 32 in dem das damals noch vorhandene Manuskript genau beschrieben ist. Auf vorbildliche Weise vermittelte das Auktionshaus in dieser Angelegenheit. Der Einlieferer zog seinen Auftrag zurück und meldete sich zu einem Besuch im Fontane-Archiv an. Er kam gemeinsam mit Freunden am 28. November in das Haus am Fuß des Potsdamer Pfingstberges. Die Marcel Proust Gesellschaft hatte zu einem Symposium nach Berlin eingeladen, und am Rande dieser Tagung wurde nun ein Ausflug nach Potsdam organisiert. So erhielt das Fontane-Archiv unverhofft Besuch von der Proust-Gesellschaft, eine Begegnung, die zu einer Sternstunde wurde in dem an Sternstunden reichen Jubiläumsjahr 2019. Natürlich zeigten wir vom Archiv den Proust-Forschern das Haus und seine Schätze. Und sofort entspann sich ein Gespräch über Autoren-Gepflogenheiten, Aufkleber und Paperoles, Textfassungen und Überlieferungs-Fragen, Editionen und Exemplare, Bücher und Bibliotheken. Da war nichts von Suche nach einer verlorenen Zeit. Es war, als hätte man sich schon immer gekannt.
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(2020) 110
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