Fontanes Fronde gegen Manteuffel Muhs 39 Fontanes Fronde gegen Manteuffel und seine Mannen. Als Literat im Gewirr der preußischen Pressepolitik der Reaktionszeit Rudolf Muhs Zu den Kernthemen jeder Fontane-Biographie gehört die Erörterung der Schwierigkeiten, die der 1819 geborene Dichter hatte, die notdürftige Sicherung seines Lebensunterhalts mit dem Bedürfnis nach einem Freiraum für die Schriftstellerei zu vereinbaren. 30 Jahre alt, aber aus Mangel an Kapital außer Stande, sich als selbständiger Apotheker niederlassen und eine Familie gründen zu können, zudem desillusioniert über den Ausgang der Revolution von 1848, richtete sich seine Hoffnung bevorzugt auf einen Posten im Literarischen Kabinett, der Presseaufsichts- und-lenkungsbehörde der preußischen Regierung. Anfang August 1850 gelang es ihm tatsächlich, dort angestellt zu werden, doch kaum hatte der erleichterte Poet daraufhin Mitte Oktober seine langjährige Verlobte geheiratet, wurde er zum Jahresende auch schon wieder entlassen. Die Darstellung dieser Episode in der biographischen Literatur folgt meist den brieflichen Äußerungen, die Fontane unmittelbar nach seiner Künd igung gegenüber verschiedenen Freunden gemacht hat. Während es in einem Schreiben an Wilhelm Wolfsohn vom 3. Januar 1851 nur ganz knapp heißt,»daß das literarische Cabinet aufgelöst und meine Wenigkeit in Folge dessen auf’s Trockne gesetzt ist« 1 , schließt sich an die entsprechende Mitteilung an Friedrich Witte noch eine politische Bewertung der Vorgänge: Das Ministerium hat sich dabei mal wieder über alle Begriffe miserabel benommen. Von mir red ich nicht; ich habe der Regierung keine Dienste geleistet und kann keine Rücksicht beanspruchen, aber gegen einzelne, namentlich gegen einen meiner Kollegen, ist man himmelschreiend verfahren. Der Doktor Arnd, ein alter Herr u. tüchtiger Gelehrter, ein Mann, der seit 25 Jahren ausschließlich in Italien, England und Frankreich gelebt hat, wurde vom Ministerium Pfuel hierher berufen und seitdem(für die franz. Zeitungen) im liter. Cabinet verwendet. Am 30. v. M. kam er wie gewöhnlich, auf’s Bureau und erfuhr, daß am 31.(tags drauf) seine Dienste nicht mehr gebraucht werden könnten. Das nennt man hierzulande Humanität. 2
Heft
(2020) 110
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