Heft 
(2020) 110
Einzelbild herunterladen

Georg Herwegh: Werke und Briefe  Rasch 187 Die zu Tage geförderten bio-bibliographischen, literaturhistorischen, politi­schen, sozial- und ideengeschichtlichen Detailkenntnisse sind oft ganz ­er­staunlich und zeugen von einer gründlichen Quellenkenntnis. Die Heraus­geber und Bearbeiter der Bände haben den Lesern und Forschern damit eine stabile Verständnis-Brücke zu den Texten und in jene Vormärzepoche gebaut, die Fontane als»Herwegh-Zeit« bezeichnete. Außerordentlich hilf­reich sind zudem die Personenregister am Ende aller sechs Bände, die auch Namen erfassen, auf die angespielt wird, und die die historischen Personen auch in den Apparatteilen berücksichtigen. Das erleichtert die langfristige Arbeit mit der Edition ungemein. Der Apparat der Gesamtausgabe macht deutlich, dass der Edition jahre­wenn nicht jahrzehntelange umfangreiche, sorgfältige Forschungs- und Quellenarbeiten vorausgegangen sein müssen. Erstmals wurde für diese Ausgabe Herweghs gesamter handschriftlicher Nachlass ausgewertet, Teil­nachlässe oder einzelne Autographen in europäischen Archiven und Biblio­theken ermittelt, Erkundungen im Autographenhandel und Informationen bei Privatsammlern eingeholt. Man gewinnt den Eindruck, dass die Heraus­geber mit großer Leidenschaft und Energie(diese sind nötig, wenn man der­lei philologisches Kärrnerwerk leisten will) wirklich jeder Spur gefolgt sind und auch entlegenste Quellen berücksichtigt haben. Umfassende bibliogra­phische Vorarbeiten waren nötig, die Ermittlung zum Teil sehr seltener Zei­tungen, Zeitschriften und Drucke. Ohne die Herausgeberin Ingrid Pepperle, die nahezu ihr ganzes Forscherinnenleben Georg Herwegh gewidmet hat, wäre diese Leistung wohl kaum erbracht worden. Mit Volker Giel, Heinz Pepperle, Norbert Rothe und Hendrik Stein stand ihr ein ausgezeichnetes Expertenteam zur Seite. Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle die förderliche Rolle des Bielefelder Aisthesis-Verlags, der auch für eine ausge­zeichnete buchtechnische Präsentation der Ausgabe sorgte. Schon nach Erscheinen der ersten Bände 2011 hatte Walter Hettche in Arbitrium diese Ausgabe als»editorische und verlegerische Großtat« ge­priesen. Diesem Urteil können wir uns nach dem Abschluss der Edition nur anschließen. Sie ist alles in allem vorbildlich und könnte geradezu als Muster für moderne Gesamtausgaben dienen. Ein wertvoller Beitrag auch für die Fontane-Forschung. Denn wenn man sich hier etwas genauer um­sieht, so ist das Thema»Fontane und Herwegh« bislang keineswegs hinrei­chend bearbeitet worden. Die Forschungsliteratur ist überraschenderwei­se schmal,­die Fontane-Bibliographie nennt nur einen Titel, der sich explizit auch mit dem»Herweghianer« Fontane befasst(Sylvia Peuckert: Freiheitsträume. Georg Herwegh und die Herweghianer. Politische Gedich­te der 1840er Jahre und Metaphern für Freiheit in dieser Zeit. Frankfurt a.M. [usw.], 1985.) Mit dieser Gesamtausgabe ist eine ausgezeichnete Gelegen­heit gegeben, endlich den»authentischen« und»ganzen« Herwegh wieder