Heft 
(2021) 111
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Wie kleidet man Kriege ein?  Wolpert 35 Der Generalpostmeister Heinrich Stephan schenkte einem befreundeten Hauptmann und Compagnie-Chef im Cadetten-Corps ein Exemplar des deutschen Krieges. Ludwig Burger nutzte wohl eines seiner Belegexempla­re als Geschenk an seinen Neffen zur Einsegnung. Otto von Bismarck emp­fing Der deutsche Krieg vom Autor selbst. Ebenso Friedrich Wilhelm Holt­ze, Lehrer an der Kadettenanstalt und Gründungsmitglied des Vereins für die Geschichte Berlins. Ihm hat Fontane die beiden Halbbände des ersten Bandes von Der Krieg gegen Frankreich unmittelbar nach deren Erschei­nen am 17. Mai und am 23. Dezember 1873 übersandt. 15 Daß auch Hellmuth von Moltke zu den Empfängern von Fontanes Kriegsbüchern zählte, erfah­ren wir hier gleichsam wie nebenbei. Denn Holtzes Sohn Friedrich hat den Weihnachtsbrief Fontanes an den Vater im Jubiläumsheft des Berliner Ge­schichtsvereins von 1919 zitiert, wo Fontane in einem Atemzug die Namen von Moltke und Holtze in Verbindung setzt:»Das Buch ist eben fertig ge­worden, und zwei Exemplare konnt ich noch binden lassen, das eine für Moltke, das andere für Sie. Es ist mir eine herzliche Freude, Ihnen auf diese Weise einigermaßen ausdrücken zu können, welchen Werth ich auf eine Anerkennung wie die Ihrige lege. Nichts erfreut und ermuntert mehr als das zustimmende Urtheil Urtheilsfähiger«. 16 Fontanes Kriegsbücher wurden also sehr gezielt das zeigen schon die wenigen Beispiele den bedeutenden Persönlichkeiten des Hofes, 17 der mi­litärischen und politischen Administration persönlich oder durch den Ver­lag dediziert. Sie wurden in fürstliche Bibliotheken aufgenommen, so in die des Herzogs von Mecklenburg( Kriegsgefangen). Sie standen in großen Gutshausbibliotheken wie beispielsweise in der»Bibliothek Ostenwalde« des Freiherrn Georg von Vincke( Der Schleswig-Holsteinsche Krieg und Aus den Tagen der Occupation) 18 und auch in den Regalen vieler uns unbe­kannter Privatbesitzer. So finden wir Besitzereinträge wie»Hirschhügel« in dem roten Kalikoband des deutschen Krieges,»Georg Rosenstiel« in dem Jugendstilband von Der Krieg gegen Frankreich,»E. Grunow« in dem dun­kelgrün eingebundenen Exemplar von Der Krieg gegen die Republik. Die broschierten Bände von Aus den Tagen der Occupation standen wie ent­sprechende Stempel zeigen auch an weit voneinander entfernten Orten wie in einer ungarischen Privatbibliothek und in der»Schwan-Apotheke« zu Sierck in Lothringen. Daß die Kriegsbücher Fontanes auch in behördli­chen und amtlichen Bibliotheken Aufnahme fanden, zeigt beispielhaft ein Exemplar des Schleswig-Holsteinschen Krieges mit dem Stempel»KOEN. PR. STATISTISCHES BUREAU« auf dem Titelblatt. Und auch aus den wenigen schriftlichen Äußerungen Fontanes zu die­sem Thema erfahren wir, wie groß die Bandbreite der Leser tatsächlich gewesen sein muß. Vom einfachen Veteranen über den bürgerlichen und adligen Patrioten bis hin zum Kaiser selbst. Schon in Briefen Fontanes der 60er Jahre klingt davon einiges an:»Jeder verständige Leser wird immer