Heft 
(2021) 111
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86 Fontane Blätter 111 Dossier: Fontanes Der Krieg gegen Frankreich bis zum dritten Hefte fortgeschritten und die Veröffentlichung einer gan­zen Reihe von authentischen Werken erfolgt ist, als nahezu hoffnungslos angesehen werden müssen. Nicht so bei Th. Fontane. Sein Werk wird auch nach dem Abschluß der erwähnten wie aller der noch in Aussicht gestellten officiellen und authentischen Werke seinen vollen Werth behaupten. Es be­ruht dies darauf, daß sein Buch nach fast allen Beziehungen eine Eigener­scheinung bildet, und zwar in so entschiedener und vortheilhafter Art, daß wahrscheinlich das von ihm darin angewendete neue Verfahren von allen späteren, ähnlichen nicht auf das eigentliche Studium der Kriegsgeschichte gerichteten kriegsgeschichtlichen Werken adoptirt werden dürfte. Wohl von sämmtlichen Lesern dieser Zeitung ist der in den letzterschie­nenen Sonntagsblättern derselben veröffentlichte Artikel über die Schlacht bei Beaumont mit ebenso großem Interesse als ungetheiltem Beifall gelesen worden. Derselbe war dem in Rede stehenden Werke entnommen und kennzeichnet so recht diese neue Behandlungsart. Der kurzen und präg­nanten Ausführung der Schlacht werden die Mittheilungen von urtheilsfä­higen Augenzeugen und mithandelnden Theilnehmern beider Theile zur Seite gestellt, und bei der vortrefflichen hierbei beobachteten Auswahl sieht sich der Leser selbst für die ihm aus anderen Darstellungen längst bekannten Begebenheiten fortgesetzt in Spannung erhalten, und werden ihm in steter Folge neue Einblicke und Gesichtspunkte erschlossen. Es gilt dies indeß nicht nur von den Schlachtbeschreibungen, sondern in einem noch erhöhten Maße zugleich auch von der Vorgeschichte des Krieges. Dieselbe findet sich in dem bisher nur erschienenen ersten Halb­bande, welcher die Begebenheiten bis zur Einschließung der französischen Rhein-Armee in Metz umfaßt, von S. 3 bis 98 enthalten, und hätte es bei den zahllosen Veröffentlichungen, welche gerade hierüber erfolgt sind, fast un­möglich erscheinen sollen, noch Neues beizubringen, oder diesen so viel besprochenen Thatsachen noch eine neue Seite abzugewinnen. Dennoch ist dem Autor Beides, und das Letztere namentlich gelungen. Auch hier wieder sind die Mittheilungen beider Theile mit schärfster Sichtung einander ge­genübergestellt. Die Art jedoch, wie dies geschehen, weicht ebenso ent­schieden von allem früheren ähnlichen Gegenüberstellungen ab, wie sich dadurch jede Trockenheit, jede Einseitigkeit und Ueberhebung aus der durchgehends von einem poetischen Hauch durchwehten Darstellung ver­bannt finden. Der Leser sieht sich unwillkürlich in all´ die rasch wechseln­den Eindrücke jener erhebenden und so stürmisch bewegten Zeit zurück­versetzt. Er fühlt das Bangen noch einmal nach, welches in einzelnen Momenten jener ewig denkwürdigen Tage wohl auch das festeste Mannes­herz zu beschleichen vermochte, daneben aber nicht minder die damals wie von einem electrischen Schlag in der gesammten deutschen Nation ent­flammte Entrüstung, den Drang nach der endgiltigen Entscheidung, die patriotische Glut, die seit Jahrhunderten aufgesummte Schuld dem alten