Heft 
(2021) 111
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Rezensionen zu Bd. 2.1 117 derung der Ereignisse in und vor Paris in der Zeit vom 1. September bis zum Weihnachtsabend des großen Jahres. Den Schluß des ersten Theils bildete die Darstellung der Belagerung und Capitulation von Metz. Eine streng fest­gehaltene, rein chronologische Folge in der Erzählung und Schilderung ei­nes so weithin ausgedehnten und complicirten Völkerringens wäre eine Un­möglichkeit. Der Geschichtschreiber des Krieges ist gezwungen, gewisse Partien seines Gegenstandes, ohne nach den anderen gleichzeitigen umzu­schauen, zu absorbiren, ehe er sich diesen wieder zuwendet. Einen solchen Sprung rückwärts macht Fontanes Erzählung zu Beginn des zweiten Theils des Tages von Sedan auf die Bevölkerung von Paris und die dort residiren­den Vertreter der kaiserlichen Staatsgewalt und des französischen Volkes, die»wirbelfüßige« Entwickelung der Ereignisse innerhalb der Wälle bis zum Tage der Einschließung durch die deutschen Truppen schildert der ers­te Abschnitt des Bandes. Und noch einmal wieder zurückgreifend zu jenen, der Schlacht von Sedan zunächst folgenden Tagen, erzählt Fontane in dem zweiten Abschnitt das Heranziehen der Hauptquartiere und der Armeen ge­gen Paris, die ersten Gefechte, und die ersten Verhandlungsversuche der neuen republikanischen Regierung durch ihren Vertreter Jules Favre mit dem unerbittlichen Sieger. Nach dem Scheitern dieses Versuchs wird die Einschließung von Paris vollendet. Die Maßregeln zu diesem Zweck, die Stellungnahme der verschiedenen Armeen, welche den Ring um das gewal­tige Centrum bilden, die Kämpfe der Pariser Besatzung, welche dessen Zer­sprengung zum Zweck haben, in der Süd-, West-, Nord- und Südostfront, alle jene großen und kleineren Ausfallgefechte und die Rückwirkungen ih­res Mißlingens auf die Stimmungen und Zustände innerhalb der Stadt wäh­rend der Zeit vom 20. September bis zum Weihnachtstage sind die Gegen­stände der übrigen Kapitel. In der Behandlung seines ungeheuren Stoffs ist Fontane sich consequent geblieben. Durch die Anordnung schon erreicht er einen hohen Grad der Klarheit und Uebersichtlichkeit in Bezug auf den gro­ßen Gang der Ereignisse, der Marsch- und Gefechtsoperationen. Dieselbe schöne Klarheit bildet auch den großen Vorzug der einzelnen Kampfdarstel­lungen vor vielen anderen von Nichtmilitairs, ja auch von echten Fachmän­nern geschriebenen, die wir kennen. Fontane hat sich zum unbedingten Herrn des Materials gemacht; die gesammten Aktionen aller Truppentheile, der deutschen wie der gegnerischen, sieht er plastisch vor sich; aber er läßt sich durch die Vorstellung der Einzelheiten und durch die Lust an ihrer Er­scheinung oder an dem dramatischen Verlauf der Handlung in keinem Au­genblick davon ablenken, diese Handlung, wie nur ein echter Generalstäbler und Techniker, und damit in der einzigen Weise darzulegen, durch welche wirklich ein Nutzen, ein positives Wissen von solchen kriegerischen Opera­tionen bei dem Leser erzeugt wird. Aber ebenso wenig, wie seine Darstel­lung dieser Vorgänge je poetenhaft deklamatorisch wird, ist sie andererseits auch trocken und abstrakt. Das zunächst ganz fest und sicher entworfene