Heft 
(2021) 111
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130 Fontane Blätter 111 Dossier: Fontanes Der Krieg gegen Frankreich Denn Alles, was von solchen Schriften verlangt zu werden pflegt, es findet sich in Fontanes Werke vereint: anregende Lesbarkeit, leichtverständliche Belehrung und ohne Aufgebot gesuchter Mittel erfolgversprechende Kräf­tigung vaterländischen, hier deutschen Sinnes. Fontanes Werk bildet im Ganzen zwei starke Bände, welche in vier Halb­bänden zur Ausgabe gelangten. Die ersten drei Halbbände fanden bereits in dem Bücher-Anzeiger des»Organs«, Band VII, Seite 33; Band X, Seite 21 und Band XIII, Seite 33 die verdiente Würdigung; von dem vorliegenden vierten Halbbande muss gleichfalls gesagt werden, dass er mit Sachkenntniss, Fest­haltung des angestrebten Zieles, unermüdlichem Fleisse und sich gleichblei­bender fliessender Schreibweise abgefasst worden ist. Jeder, der den Krieg 1870–71 nicht rein militär-wissenschaftlich studiren und doch mit dem Verlaufe der stattgehabten Vorgänge sich eingehender ver­traut machen will, findet in Fontanes Werke eine übersichtlich geordnete, auf gute Quellen sich stützende gewissenhafte Schilderung aller Ereignisse im Grossen, sowie eine genaue Darstellung der Thätigkeit vieler kleinerer Abtheilungen. Der letzteren Wirken namentlich weiss der Verfasser mit sel­tener Geschmeidigkeit den massgebenden kriegshistorischen Facten so ein­zufügen, dass weder fühlbare Härten noch störende Stockungen im Laufe der Erzählung bemerkbar werden. In lebensvoller Gestaltung sieht der Leser die verschiedenen Corps und Armeen sich formiren; lernt aus scharf ausgeprägten biographischen Skiz­zen die leitenden Persönlichkeiten kennen; begleitet abwechselnd eine der Abtheilungen auf ihren Märschen; wird über die sich hiebei ergebenden Mühseligkeiten, über die erwähnenswerthen Terrain- und Orts-Verhältnis­se und besondere geschichtliche Erinnerungen aufgeklärt; erfährt die viel­fältige Art von Bequartierung, die Vorkehrungen für die Verpflegung, den Munitions-Nachschub etc.; beobachtet das Treiben im Lager, Biwak, Can­tonnement; erfreut sich an dem heiteren Sinne der Soldaten und nimmt end­lich Theil an den jedes einzelnen Mannes vollste Aufopferung, Pflichttreue und[S. LXVII] Thatkraft in Anspruch nehmenden Kämpfen. Nicht genug hieran, der Leser fühlt sich hiebei stets umschwebt von dem Geiste, der je­weilig die Truppen erfüllte. Dies zum Ausdrucke gebracht zu haben, zählt zu den vorwiegendsten Verdiensten des Verfassers und hat er diese werthvolle Eigenartigkeit durch die geschickte Einreihung unmittelbar nach geschehe­ner Action abgefasster Briefe ermöglicht. Ungeschminkt, wahrheitsgetreu ist der Ton solcher Schreiben und wohl der beste Massstab für die Beurthei­lung der bei den bezüglichen Truppen geherrscht habenden Stimmung. Dass dagegen derartige frischweg nach vollbrachter Tagesleistung ge­schriebene Nachrichten in Rücksicht auf die Richtigkeit der Facten nur vor­sichtig zu verwerthen gewesen wären und speciell als Einschiebungen mit­unter widersprechend und beirrend wirken; hierauf wurde bereits im Bücher-Anzeiger des»Organs«, Band X, Seite 21 aufmerksam gemacht.