Editorial Editorial 7 Liebe Leserinnen und Leser, es ist immer wieder erstaunlich, wie viel wir über Theodor Fontane – über sein Werk, sein Wirken und seine Welt – noch immer nicht wissen. In zuverlässiger Regelmäßigkeit werden neue Entdeckungen gemacht, wird unsere Erkenntnis vermehrt, können bisher unbekannte Puzzleteile zu unserem Bild des Schriftstellers hinzugefügt werden. In diesem Sinne berichten im vorliegenden Heft der Fontane Blätter bisher unbekannte Briefe aus der Alltagsgeschichte Theodor Fontanes. Alexander Spirawski ist im Stadtarchiv Weimar auf drei Briefe Fontanes an die Schauspielerin Marie Seebach gestoßen, die auch einen kleinen Einblick in das Hadern des alten Fontane mit seinen gesellschaftlichen Verpflichtungen geben – geprägt von»Einsamkeitshang« und»Bazar-Haß«. Dass auch so profane Dinge wie eine defekte Zahnprothese den Gesellschaftsmenschen Fontane zuweilen erhebliche logistische Probleme bereiteten, zeigen des Weiteren die von Klaus-Peter Möller vorgestellten Korrespondenzstücke mit dem»Zahnkünstler« F. Lahayn. Den Blick für die ›große‹ Geschichte weiten demgegenüber die beiden Aufsätze von Frank Becker und Claudia Stockinger, mit denen wir das Dossier zu Fontanes mehrbändigem Werk über den Krieg gegen Frankreich 1870–1871 aus dem letzten Heft der Fontane Blätter um zwei wichtige Beiträge ergänzen: Frank Becker zeichnet dabei ebenso präzise wie überblickend die Praktiken und Rahmenbedingungen der Kriegsberichterstattungen in Fontanes Zeit nach; Claudia Stockinger widmet sich am Beispiel der Zeitschrift Die Gartenlaube der Thematisierung und Darstellung des Krieges in den zeitgenössischen Massenmedien. Gleich mehrere Beiträge dieses Heftes präsentieren neue Erkenntnisse zur Werk- und Publikationsgeschichte Fontanes. Rudolf Muhs sichtet, bewertet und befragt in seinem Beitrag die überlieferten Spuren des unverwirklicht gebliebenen Projekts Die Poeten des Berliner Figaro. Eine Reihe unbekannter Lied- und Gedichtdrucke Fontanes aus dem Tunnel-Kontext
Heft
(2021) 112
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