Heft 
(2021) 112
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22 Fontane Blätter 112 Dossier. Fortsetzung Fontane im Felde und im Kontext der Kriegs­berichterstattung seiner Zeit: Reisen, Medien und Deutungen Frank Becker 1. Einleitung: Broacker als Beispiel Als sich im März 1864 der preußische Belagerungsring um die dänische Verteidigungsstellung bei Düppel legte, konzentrierte sich in der idylli­schen Landschaft am Nordufer der Flensburger Förde fast alles, was zur Kriegführung dieser Zeit gehörte: von verschanzten Infanteriestellungen über Artillerieparks, von Feldlazaretten bis zu Telegrafenstationen. Theo­dor Fontane, Chronist auch dieses Krieges, beschrieb die Szenerie akri­bisch, denn er wollte seinen Lesern vor der Schilderung des Sturmangriffs die Akteure und ihre Positionen näherbringen das Schachbrett gleich­sam, auf dem die Schachfiguren später gezogen wurden. Dabei erwähnte er auch ein Wirtshaus in dem kleinen Örtchen Broacker auf den ersten Blick ein denkbar unscheinbares Gebäude, auf den zweiten jedoch, wie Fontane formulierte, die»große Neuigkeits-Börse, in der die politisch-stra­tegischen Tageskurse[] gemacht und ausgegeben wurden« 1 . Hier nämlich versammelten sich die»Correspondenden«, die Kriegsberichterstatter, die der Welt mitteilten, wie es um den Krieg und die Aussichten der verfeinde­ten Parteien stand. Broacker war als Standort gewählt worden, weil es dort einen Kirchturm gab, von dessen Spitze aus man nicht nur bis Düppel, son­dern sogar bis Sonderburg auf der gegenüberliegenden Seite des Alsen­sunds sehen konnte. 2 Außerdem stand in Broacker zunächst ein optischer, später ein elektrischer Telegraf zur Verfügung, der eine Verbindung zum preußischen Hauptquartier in Gravenstein herstellte. 3 Auch wenn diese Hilfsmittel vorrangig vom Militär genutzt wurden, war doch klar, dass ge­schickte Journalisten hier gute Chancen hatten, an wichtige Informationen zu gelangen. Einige dieser Berichterstatter wurden von Fontane sogar namentlich genannt. Von der Londoner Times befand sich ein»Mr. Hartmann« in ­Broacker. 4 Einige Seiten zuvor hatte Fontane schon erwähnt, dass die Times als Blatt aus einem Land, das nicht am Krieg beteiligt war mit Antonio