Heft 
(2021) 112
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188 Fontane Blätter 112 Rezensionen Marianne Beese: Die Familie Eggers. Bürger- und Künstlerleben in Rostock und Berlin zwischen 1830 und 1860. Friedrich, Karl und Mathilde Eggers. Wege der Sinnfindung und Lebensgestaltung in bewegter Zeit. Lübeck: BuchHandelsGesellschaft 2019. 1024 S. 69 »Die vorliegende Monografie widmet sich der Darstellung eines umfangrei­chen Abschnitts im Leben einer Rostocker bürgerlichen Familie.«(S. 10) Mit diesem Satz beginnt ein Buch, das in beinahe jeder Hinsicht ungewöhnlich genannt werden muss. Es erzählt mikroskopisch die Geschichte der meck­lenburgischen Familie Eggers im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, an­gesiedelt im kaufmännischen Milieu. Konzentriert sich die familiäre Veran­kerung auch auf die mecklenburgische Stadt an der Warnow, gesellte sich seit den 1840er-Jahren doch auch die preußische Hauptstadt Berlin hinzu. Dorthin hatte es Friedrich Eggers(1819–1872) am Ende seiner Universitäts­semester gezogen. Er war, nicht ohne Kämpfe, dem Kaufmannsstand, für den ihn sein Elternhaus vorgesehen hatte, entflohen und hatte Philologie, Geschichte und klassische Archäologie studiert. Hier in Berlin fasste er le­bensgeschichtlich Fuß, kam in unmittelbaren Kontakt zu der sich akade­misch etablierenden Kunstgeschichte und gewann in Franz Kugler einen Freund, der ihn förderte. Kugler war Professor an der Kunstakademie und Dezernent, später Vortragender Rat im preußischen Ministerium der geist­lichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten 1 1846 hatte er Theodor Fontane kennengelernt, über den und dessen Freund Bernhard von Lepel der Brückenschlag zu einem literarischen Verein erfolgte: dem Tunnel über der Spree. Damit war Eggers in einem Vernetzungsraum angekommen, den er zu nutzen und dem er nützlich zu sein verstand. Dank Fontane, mit dem er bis zu seinem Lebensende über weitere Geselligkeitsvereine in Verbindung blieb, und Kugler, der ihn kunstpolitisch und-publizistisch an sich band, hat sich Friedrich Eggers Name im Bewusstsein gehalten. Er ist auch zweifelsohne tragend und prägend in dieser umfangreichen Darstellung, obgleich Marianne Beese sich dagegen entschieden hat, seine Biographie zu schreiben. Dass sie dazu sehr wohl in der Lage gewesen wäre, bezeugen ihre Bücher über E. T. A. Hoffmann, Friedrich Hölderlin, Novalis und Georg Büchner. Ihre Absicht hier, die sie mit unbeirrbarer Akribie ver­folgt und mit langem Atem verwirklicht hat, war, Friedrich Eggers Lebens­gang aus seinen familiär-regionalen Beziehungen herzuleiten und ihn als deren Teil zu zeigen. Kein Bild, keine These und keine Metaebene sollten sich foliengleich über das Material legen und es vor seiner möglichst vollständi­gen Erschließung auslegen. Dieses Material, auf das sich Beeses Buch stützt, ist nicht anders als gewaltig zu bezeichnen. Sein Zentrum bildet der um­fangreiche, sorgsam von Ingrid Ehlers aufbereitete Nachlass der Familie Eggers im Archiv der Hansestadt Rostock. Weitere, ebenfalls umfängliche Bestände aus der Feder von Friedrich Eggers bewahrt die Schleswig-­