Heft 
(2022) 113
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10 Fontane Blätter 113 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes ergab eindeutig: Carl Bleibtreu (1859–1928). Alle anderen Namen kommen dort nicht vor. Die Anrede»Sehr geehrter Herr« des bereits sechzigjähri­gen Fontane an den erst zwanzigjährigen Bleibtreu mag irritieren, aber diese Irritation ist durch eine Parallele zu entkräften. Ein Jahr später die Verbindung scheint inzwischen etwas enger geworden zu sein schrieb Fontane :»Sehr geehrter Herr und Freund.« 8 Im Übrigen passt die Bitte, ihn »all den lieben Ihrigen« zu empfehlen, sehr gut zu der Mitteilung Schrei­nerts, Fontane habe»von Zeit zu Zeit gern im gastfreien Hause des Berliner Schlachtenmalers Georg Bleibtreu (1828–1892)«, 9 des Vaters von Carl Bleib­ treu , verkehrt. Bei dem zugesandten Buch wird es sich um Bleibtreus Erstling Gunn­laug Schlangenzunge. Eine Inselmär gehandelt haben. Fontanes Urteil dar­über kennen wir nicht, aber wir wissen aus einem Brief an Dr. Georg Fried­länder vom 9. Juni 1885, dass er die im Jahre 1884 erschienenen Erzählungen Dies irae und Wer weiß es? als»freche Schmierereien« bezeichnet hat. 10 Es sei nicht verschwiegen, dass Fontane vielleicht auch ein anderes Buch als die Inselmär erhalten haben könnte: die Gedichte von Bayard Taylor ,»mit Bewilligung des Verfassers 11 übersetzt« von Carl Bleibtreu . Das halte ich allerdings für weniger wahrscheinlich. Nun, da wir sicher sein dürfen, den Empfänger des Briefes vom 21. Mai 1879 zu kennen, wenden wir uns noch einmal der Provenienz-Frage zu. Wie oben erwähnt, hatte Waltraud Stephan den Adressaten unter den Freunden der Familie Huch vermutet. Die exemplarische Durchsicht zweier Bücher des Juristen und Schriftstellers Rudolf Huch 12 erbrachte keinerlei Hinweis auf Carl Bleibtreu ; für einen weiteren Erinnerungsband von Rudolf Huch 13 sowie für die autobiographischen Schriften von Ricarda Huch wäre diese Recherche noch zu leisten. Von Felix und Friedrich Huch scheint hingegen nichts Autobiographisches zu existieren von letzterem wenigstens nichts für die Münchener Jahre. Enttäuscht wurde auch die Erwartung, in Kalliope , dem Autographen­Verbundkatalog, einen Briefwechsel Bleibtreu-Huch aufzuspüren. Es mag sein, dass sich etwas findet, wenn eines Tages derzeit noch unerschlossene bzw. nicht konvertierte Korrespondenzen nachweisbar sein werden. 14 Den­noch dürfen wir auch jetzt schon zufrieden sein: Selbst ohne die Klärung des Überlieferungsproblems ist die in der Überschrift gestellte Frage be­antwortet.