44 Fontane Blätter 113 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Wo er am allerschwülsten brennt. Kaum war der Streit entglommen, Sie wehte straff, sie wehte hoch, Die Wogen gehen und kommen Und immer steht sie noch. Ihr habt sehen sinken, Doch sich erheben bald darauf Und immer wieder winken; Zuletzt da stand sie nicht mehr auf. »Wo ist sie hingekommen, Barg sie der Feind in seinem Zelt?« Er hat sie nicht g e n o m m e n, Er f a n d sie auf dem Feld. Sie war zerfetzt, zerschossen, Die Stange gebrochen und angebrannt, So gaben sie die Genossen Von sterbender Hand zu sterbender Hand. Sie deckt sie im Todesmuthe Mit seinem Leibe Held auf Held; So lag in d e u t s c h e m Blute Sie auf dem F r a n k e n feld. 50 Welchen Rang Fontane diesem Dichterwort beimisst – dessen Wert heute nur innerhalb der historischen Gattung zu bestimmen ist, die es bedient und deren Problematik außer Rede steht –, bezeugt die letzte Stimme in dieser historiographisch-literarischen Collage: Sie gehört Wilhelm I. , dem »Kriegsherr[n]« 51 ! Vollständig teilt Fontane dessen Königliches Anschreiben an das 2. Bataillon 61 anlässlich der feierlichen Übergabe einer neuen Regimentsfahne(mit alter, wieder aufgefundener Quaste) vom 9. August 1871 mit. Und es ist nicht nur die letzte Stimme, sondern auch Schlusswort und Ende des Kriegsbuches. 5 Mit dieser Einbindung seiner Verse in Fontanes letztem Kriegsbuch dürfte Friedrich Eggers über die Maße zufrieden gewesen sein – hätte er sie noch erlebt. Sie steht für die Subtilität, mit der Fontane zu würdigen wusste. Aber sie steht überraschenderweise auch für dessen Weise, sein FrankreichKriegsbuch textuell zu arrangieren. Der lange Atem, den diese Darstellung bedurfte, erleichterte dieses gewählte Verfahren: Es versammelte, fast möchte man sagen: komponierte authentische Stimmen und historische Zeugnisse zu einem Ganzen – und ist darin im Ansatz Vorgänger von Walter
Heft
(2022) 113
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