56 Fontane Blätter 113 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Abhandlungen von und über Elliot, Nicoll und Prince finden. Bereits 1841 veröffentlichte Tait´s eine umfangreiche Rezension von Princes Hours with the Muses, die auch einen biographischen Abriss zu dem Dichter enthielt. 29 Der junge Fontane, von Anfang an hauptsächlich durch die populären Medien seiner Zeit literarisch sozialisiert und fremdsprachlich gebildet, zeigt sich schon hier als der spätere Medienprofi, der er nach seinem Berufswechsel vom Apotheker zum politischen Journalisten in seinem 30. Lebensjahr werden sollte. Nicht nur war Fontane auf dem stark umkämpften Markt literarischer Übersetzungen um Jahre schneller als die Stuttgarter Franckh’sche Buchhandlung, die unter Leitung von Ludwig Hauff 1846 eine Buchfassung von Gores Roman in deutscher Übersetzung publizierte. Auch sprachlich und stilistisch kommt seine schwungvolle Übertragung dem Ton der Unterhaltungsautorin um Längen näher als die hölzerne Wort-fürWort-Übersetzung der Stuttgarter Übersetzungsfabrik, in der angestellte Lohnschreiber im Schichtbetrieb Rohübersetzungen anfertigten, die dann lediglich von Hauff noch einmal durchgesehen wurden. 30 So entspricht der Einstieg in die Romanhandlung bei Hauff zwar hinsichtlich syntaktischer Struktur und Zahl der Wörter einigermaßen dem Original: Bei einem Diner in dem Klubb der Garde in St. James Street im Herbste 1822 wurde, als das Gespräch auf die jüngsten Spielverluste in Graham’s erneuertem Glückstempel kam, in welchem in diesem Augenblicke Verluste und Gewinne mit reißender Schnelligkeit sich folgten, bemerkt, daß die Gesichtszüge eines jungen Officiers, der bisher diesem Gespräche mit vollständiger Theilnahmslosigkeit zugehört hatte, ungewöhnlich aufgeregt wurden. 31 Dafür ist man aber, bevor der Roman überhaupt richtig begonnen hat, vor lauter Schachtelsätzen auch schon wieder eingeschlafen. Ganz anders bei Fontane : Im Herbst 1823 speisten die Garde-Offiziere in St. James-Street; der Klub war beisammen und man sprach viel über Grahams berühmten Glückstempel, wo in einem und demselben Augenblicke mit entsetzlicher Schnelligkeit gewonnen und verloren wurde. Man bemerkte, daß die Mienen eines jungen Offiziers, der bis dahin gleichgültig zugehört hatte, urplötzlich die höchste Teilnahme verrieten. 32 Überall erkennbar wird Fontanes literarische Ambition, nicht eine bloße Übersetzung zu erstellen, sondern ein Exempel der in Deutschland bis dato unbekannten Gattung des Unterhaltungs- und Feuilletonromans in die Erfahrungswelt des deutschen Lesepublikums zu übertragen: So wird der Slang der Londoner Polizisten bei Fontane zum Berlinischen Dialekt(»Ick hab´ ihn schonstens seit ´ne Viertelstunde uf de Kieke« 33 ), und das Halbseidene des betrügerischen Bilderhändlers Mr. Stubbs offenbart sich schon in dessen von Fontane trefflich ausgemalter öliger Diktion(»gewisse Lüthographün, die moinen Büldern so ähnlich sehn« 34 ). Basil Annesleys Kamera-
Heft
(2022) 113
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