Heft 
(2022) 113
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58 Fontane Blätter 113 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte lich der gutgeschriebene»Schmöker«. 39 Die Sonderstellung Fontanes in­nerhalb des deutschsprachigen Realismus, die seit Heinrich und Thomas Mann oder Erich Auerbach immer wieder hervorgehoben wurde und die sich in einer bis heute anhaltenden Beliebtheit seiner Romane ausdrückt, hat hierin ihre nicht unwesentlichste Ursache. 3. Überlieferungsgeschichte Beinahe einen eigenen Roman, in dem sich die Brüche und Widersprüche der vor- und nachmärzlichen deutschen Geschichte bis hin zu den Katastro­phen des 20. Jahrhunderts ebenso spiegeln wie der unglückliche und kon­fliktreiche Umgang mit dem Dichternachlass, stellt die Überlieferungsge­schichte von Fontanes Manuskript dar. Wie für die meisten Arbeiten aus dieser Zeit konnte Fontane auch für seine Gore-Übertragung keinen Verleger finden. Cotta in Tübingen etwa nahm ihm einige Übertragungen britischer Arbeitergedichte von John Critchley Prince für sein Morgenblatt ab, nicht aber die längere Erzählung Zwei Post-Stationen, die erst Ende der 1990er-Jahre entdeckt und erstmals veröffentlicht wurde. Der Herwegh -Verleger Fröbel in Zürich lehnte eine Gedichtsammlung unter dem Titel Berliner Taugenichts ab. Auch die Gore­Übersetzung hat Fontane offenbar an unterschiedliche potentielle Verleger versandt. Einer Notiz aus dem Jahr 1873 zufolge hat er bereits 1843 in Let­ schin einen»famosen« 40 Brief bezüglich des Money-Lender, wohl ein Absa­geschreiben, eines Herrn Meyer erhalten. Absender könnte der Verleger Gottfried Christian Erich Meyer gewesen sein, der seinerzeit in Braun­ schweig eines der großen Übersetzungsunternehmen betrieb. Ein Manuskript jedenfalls hat sich beim Eisenbahn-Redakteur Georg Günther erhalten. Günther, der 1848 als Paulskirchenparlamentarier nach Frankfurt ging und dort zusammen mit seinem Schwager Robert Blum bis zu dessen Hinrichtung die Deutsche Reichstagszeitung redigierte, wurde im September 1848 wegen»Preßvergehens« verklagt und 1850 ausgewie­sen. Über die Schweiz und Großbritannien erreichte er 1851 Boston , war zwischenzeitlich Delegierter auf dem Republican National Convention in Chicago und ließ sich Anfang der 1860er-Jahre mit seiner Familie in Mil­waukee nieder, wo er als Homöopath und Journalist arbeitete. 41 Nach der Reichsgründung kehrte er schwer erkrankt nach Deutschland zurück, wo er Anfang 1872 in Berlin-Westend starb. Zusammen mit Günther war auch das Manuskript von Fontanes Money-Lender-Übersetzung den Weg ins US­Exil nach Milwaukee gegangen, wo es zunächst bei Günthers 1841 gebore­ner Tochter Johanna verblieb. Hinsichtlich der Datierung von Fontanes Übersetzung ergibt sich daraus als allerspätester terminus ante quem das Jahr 1849, aus dem der letzte Kontakt zwischen Fontane und Günther vor