Heft 
(2022) 113
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94 Fontane Blätter 113 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Zum Gedenken nur unterhaltend Kluges Neben dem Bild des geschätzten»Meisters« der Erzählkunst hob die Preß­burger Zeitung noch zu Fontanes Lebzeiten, vor allem aber danach, typi­sche Elemente seiner Rezeption hervor seine Altersweisheit, seine leichte Ironie und seinen unverwechselbaren Humor. Zur Hervorhebung der auch persönlichen Charakterzüge war jedoch nicht die Literatur-Spalte be­stimmt, sondern das Feuilleton und die Unterhaltungsrubrik»Verschiede­nes«. Hier mussten die Leser der Preßburger Zeitung auch nicht auf das berühmte Zitat»Wie König Friedrich Wilhelm dem Ersten, gilt Weißkohl und Hammelfleisch mir am mehrsten« 30 verzichten, mit dem Fontane auf die Frage nach seiner Lieblingsspeise geantwortet hatte. Selbst Theodor Fontanes Tod sorgte in der Preßburger Zeitung kaum für Trübsinn, sondern war Anlass für ein erheiterndes Gedenken. Statt ergrif­fener Worte betonte die Redaktion in ihrem Nachruf seine typisch ironi­sche Art, wofür das Gedicht Shakespeares Strumpf bestens geeignet war: Das Hinscheiden Theodor Fontane´s wird manche Erinnerung ernsten oder heiteren Inhalts an den Schriftsteller wachrufen. Im Folgenden sei nach den eigenen Lebenserinnerungen des Dichters eine lustige Ge­schichte von ihm erzählt. Das Jahr 1841 verlebte Fontane in Leipzig . Er sehnte sich danach,»literarische Fühlung« mit führenden Geistern zu gewinnen und sich einer Partei anzuschließen. Dies gelang ihm auch über Erwarten schnell durch folgende Herausforderung: Der Schiller­Verein zu Leipzig hatte eine Schiller-Weste erstanden und mit ihr einen Raum des Schiller-Museums geschmückt. Tags darauf schrieb nun Fon­ tane folgendes, diese Sammelwuth verspottende kleine Gedicht nieder und veröffentlichte es im»L. T.«[]. 31 Auch in den Jahren nach seinem Tod wurde Fontane in der Preßburger Zei­tung Aufmerksamkeit zuteil, wenn auch auf eine etwas andere Weise. Wäh­rend ihn in die Redaktion zu Lebzeiten nur selten selbst zu Wort kommen ließ(oder kommen lassen konnte), mehrten sich nach seinem Tod auch jene Beiträge, die ihn als Privatperson oder als Aphoristiker 32 bekannt machten. Als besonders interessant erweisen sich in dieser Hinsicht Übernahmen von Beiträgen aus der deutschen Halbmonatsschrift Das literarische Echo. So erschien in der Unterhaltungsrubrik der Preßburger Zeitung im Dezem­ber 1901 eine scherzhafte Selbstcharakteristik, in der er allerlei Fragen zu seinen Interessen und Neigungen beantwortete. 33 Bemerkenswert scheint dabei nicht nur, dass der Fragebogen kurz davor schon in der Zeitschrift Das literarische Echo veröffentlicht wurde, sondern auch, dass ihn die Preß­burger Zeitung in voller Länge übernahm. Ähnliches geschah auch im Jahr 1904. Im Oktober des Jahres präsentierte die deutsche Literaturzeitschrift eine bis dahin unbekannte private Korrespondenz aus dem Nachlass des